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Medienvertrauen in der Türkei auf Tiefststand – Regierungssender verlieren Rückhalt

  • Juni 24, 2025
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Medienvertrauen in der Türkei auf Tiefststand – Regierungssender verlieren Rückhalt

Das Vertrauen der türkischen Bevölkerung in ihre Medien hat einen historischen Tiefstand erreicht. Laut dem aktuellen Digital News Report 2025 des Reuters Instituts liegt die Türkei nicht nur weit abgeschlagen im internationalen Vergleich, sondern verzeichnet auch eine besonders hohe bewusste Vermeidung von Nachrichten.

In der Türkei ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Medien auf den tiefsten Stand seit 2015 gefallen. Das geht aus dem jüngst veröffentlichten „2025 Digital News Report“ des Reuters Instituts der Universität Oxford hervor. Damit liegt das Land, das bei 180 Plätzen den 159. im Weltindex für Pressefreiheit belegt, auch nur auf Platz 33 von 48 untersuchten im Vertrauensindex.

Mit einem Vertrauenswert von 33 Prozent liegt die Türkei auch deutlich unter dem Durchschnitt aller untersuchten Märkte. Insgesamt sagen 40 Prozent aller Befragten, sie würden „zur meisten Zeit den meisten Nachrichten“ vertrauen.

„A Haber“ kommt besonders schlecht weg

Auffällig ist, dass von den im einzelnen abgefragten Medien, die türkischen Befragten genannt wurden, einige besonders regierungsnahe am schlechtesten abschnitten. Nur 37 Prozent der türkischen Medienkonsumenten vertrauen demnach dem als „AKP-Propagandakanal“ verspotteten Sender „A Haber“, während 47 Prozent angeben, ihm nicht zu vertrauen. Auch „Sabah“ stößt nur bei 38 Prozent der Befragten auf Vertrauen.

Der staatliche Sender TRT kommt mit 46 ebenfalls auf einen Vertrauensanteil von weniger als 50 Prozent. Nur 42 Prozent halten die „Hürriyet“ für vertrauenswürdig, obwohl sie zu den Formaten mit der längsten Geschichte und der weitesten Verbreitung in der türkischen Bevölkerung zählt. Das Format hat sich jedoch in seiner Berichterstattung mit Fortdauer der Zeit immer stärker der Regierungsmeinung angepasst.

Die oppositionellen Formate „Cumhuriyet“ und „Sözcü“ kommen demgegenüber auf 52 beziehungsweise 54 Prozent Zustimmung mit Blick auf die Glaubwürdigkeit, „Halk TV“ steigert sich auf 53 Prozent. Mit 61 Prozent genießt das aus der Fox-Gruppe hervorgegangene Format „NowTV News“ das meiste Vertrauen – und auch nur 22 Prozent misstrauen ihm. Die Berichterstattung dort ist insgesamt vorsichtig, in einigen Bereichen erlaubt man sich jedoch auch kritische Anmerkungen in Richtung Ankara.

Reuters-Institut sieht Zusammenhang mit Repression gegen Journalisten

Interessant ist auch, dass die bewusste Distanz zu Nachrichten in der Türkei besonders hoch ist. 61 Prozent der Türken geben demnach an, den Konsum von Nachrichten bewusst so weit wie möglich zu vermeiden. Das ist unter den 48 untersuchten Märkten der zweithöchste Wert hinter Bulgarien (63 Prozent) und vor Kroatien und Griechenland.

Dies deutet ebenfalls auf ein ausgeprägtes Misstrauen gegenüber den Medien im Land hin. Der Reuters-Bericht sieht ebenfalls einen direkten Zusammenhang mit dem geringeren Maß an Pressefreiheit und der Kontrolle der Regierung über den Medienmarkt. Im Jahr 2024 wurden zehn Journalisten in Haft genommen, 57 zumindest über einige Tage in Gewahrsam genommen und 30 gerichtlich verurteilt.

Die Anklagen lauteten auf Tatbestände wie Beleidigung von Amtsträgern, Verbreitung falscher Informationen oder terroristische Propaganda. Als solche wurden unter anderem kritische Berichte über die Absetzung gewählter Bürgermeister oder neutrale Nachrufe auf den im Oktober 2024 verstorbenen Fethullah Gülen eingestuft.

Oppositionelle Medien nutzen soziale Medien professioneller

Die Ergebnisse der Befragung zeigen insgesamt eine wachsende Nachfrage nach unabhängiger Berichterstattung und politischem Pluralismus. Ein Teil des Erfolgs der oppositionellen Medien hängt damit zusammen, dass sie es verstanden haben, sich an digitale Plattformen anzupassen. Auf diese Weise ist es ihnen gelungen, ein Publikum über soziale Medien und Videoinhalte zu erreichen.

Die Online-Plattformen gewinnen – einem internationalen Trend folgend – weiter an Boden, und das auf Kosten von Fernsehen und Print. Die wöchentliche Leserschaft von Printmedien ist in der Türkei gegenüber 2015 um fast zwei Drittel gesunken. Stattdessen gehören YouTube, Instagram, WhatsApp und TikTok zu den am häufigsten genutzten Nachrichtenquellen. Vor allem für die unter 35-Jährigen sind sie von besonderer Bedeutung.

Allein in den vergangenen fünf Jahren ist der Anteil der Menschen, die Nachrichten im Videoformat konsumieren, international von 52 auf 65 Prozent gestiegen. Zunehmend Bedeutung gewinnen auch KI-Chatbots als Informationsquelle. Weltweit liegt der Schnitt zwar erst bei 7 Prozent wöchentlicher Nutzer – unter den bis 25-Jährigen sind es jedoch bereits 15 Prozent.

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