Urlaubsfalle Bettwanzengift: Ein wiederkehrendes Problem – und was dagegen hilft
Ein Urlaub in Istanbul endet tödlich. Eine deutsch-türkische Familie stirbt, womöglich an giftigem Bettwanzengas. Der Fall ist kein Einzelfall. Wie durch gefährliche Schädlingsbekämpfung Hotels in der Türkei und anderen Ländern zur unsichtbaren Gefahr werden können – und wie sie sich schützen können.
Der Tod einer vierköpfigen Familie aus Hamburg erschüttert Deutschland und die Türkei und insbesondere die deutsch-türkische Community – und wirft ein Schlaglicht auf ein Problem, das in der Türkei immer wieder für Tragödien sorgt: unsachgemäß eingesetzte Pestizide in Hotels und Ferienunterkünften. Was eigentlich zum Schutz der Gäste gedacht ist, kann – falsch angewendet – zur tödlichen Falle werden.
Die türkischstämmige Familie B. aus Hamburg war zum Urlaub in Istanbul, als alle vier Familienmitglieder plötzlich mit schweren Vergiftungserscheinungen ins Krankenhaus eingeliefert wurden und kurze Zeit später verstarben. Ein nun veröffentlichter vorläufiger Bericht bestätigt: Die Todesursache könnte eine chemische Vergiftung gewesen sein. Zunächst vermuteten Behörden eine Lebensmittelvergiftung. Im Fokus steht nun die Schädlingsbekämpfung im Hotel, in dem die Familie übernachtete.
Warum ist Bettwanzengift so gefährlich?
Der Verdacht: Der bereits festgenommene Kammerjäger könnte ein hochtoxisches Pestizid eingesetzt haben, das Aluminiumphosphid enthält. Ein Stoff, der bei unsachgemäßer Anwendung zum tödlichen Risiko wird – insbesondere in geschlossenen Räumen.
Aluminiumphosphid ist eigentlich ein landwirtschaftliches Schädlingsbekämpfungsmittel. Gelangt es in Kontakt mit Feuchtigkeit, setzt es Phosphin frei – ein extrem giftiges Gas, das nach verdorbenem Fisch riecht und im menschlichen Körper massiven Schaden anrichtet.
Phosphin wirkt . . .
- … auf das zentrale Nervensystem;
- … auf Herz und Kreislauf;
- … auf die Atmung;
- … und kann innerhalb kurzer Zeit zum Organversagen führen.
Schon geringer Kontakt kann tödlich sein. In vielen Ländern – darunter Deutschland und die Schweiz – dürfen solche Mittel nur von streng zertifizierten Fachleuten unter strengen Auflagen verwendet werden. Die Räume müssen evakuiert, luftdicht verschlossen und danach detailliert gelüftet werden. In Innenräumen kommt Aluminiumphosphid deshalb kaum noch zum Einsatz. In der Türkei jedoch wird immer wieder über fahrlässige oder illegale Einsätze berichtet. Der festgenommene Kammerjäger verfügte Berichten zufolge über keine Lizenz.
Aluminiumphosphid – ein wiederkehrendes Problem
In den vergangenen Jahren kam es mehrfach zu Todesfällen, die mit unsachgemäß benutzten Schädlingsbekämpfungsmitteln in Verbindung standen. Vor allem Hotels, Hostels und Ferienwohnungen greifen aus Kostennot oder Unwissenheit auf billige, schnell wirkende Mittel zurück.
Immer wieder berichten türkische Medien von:
- illegal arbeitenden Kammerjägern;
- fehlenden Schutzmaßnahmen;
- giftigen Gasen, die in angrenzende Hotelzimmer strömen;
- fehlender Regulierung und unzureichender Kontrolle.
Touristen erfahren von den Schädlingsbekämpfungen oft nichts. Viele Hotels informieren nicht über Maßnahmen oder Sperrzeiten – selbst wenn hochtoxische Substanzen verwendet werden. In dem Fall der Familie B. sei es ebenfalls so gewesen. Noch schlimmer: Sie sei nach dem Einsatz im Hotel eingesperrt gewesen und habe ihr Zimmer nicht verlassen können.
Warum gerade Bettwanzen ein großes Risiko darstellen
Die Bettwanzenplage, die seit Jahren europäische Metropolen beschäftigt, hat auch Istanbul erreicht. Viele Hotels greifen in der Panik zu drastischen Mitteln, um negative Bewertungen und Umsatzverluste zu vermeiden. Professionelle, sichere Bekämpfung ist teuer – illegale Alternativen dagegen billig. Gerade das macht die Situation so gefährlich.
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Denn Bettwanzen sitzen tief in Möbeln und Wänden. Wer sie schnell „ausräuchern“ will, setzt oft auf toxische Gase, die sich unkontrolliert im Gebäude ausbreiten. Für Hotelgäste ist das Risiko kaum zu erkennen – sie bemerken erst beinah geruchlose Vergiftungserscheinungen.
Wie sich Reisende schützen können
Ganz vermeiden lässt sich das Risiko nicht – doch es gibt Anzeichen, die Touristen aufmerksam werden lassen sollten:
- scharfer oder ungewöhnlicher Geruch im Zimmer (fischig, metallisch, chemisch)
- frisch versiegelte Türspalten oder Klebebandreste – ein Hinweis auf Schädlingsbekämpfung
- ungewöhnlich hohe Luftfeuchtigkeit oder warme Luft in geschlossenen Räumen
- Personal, das Zimmerwechsel anbietet, ohne Grund zu nennen.
Generell gilt: Wer sich unwohl fühlt, sollte sofort das Zimmer wechseln oder das Hotel verlassen. Und im Verdachtsfall: Sofort an die frische Luft, Notruf wählen und medizinische Hilfe suchen. Gegen Phosphinvergiftungen gibt es kein spezifisches Gegenmittel – jede Sekunde zählt.



