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Politik

Trotz gefallener Soldaten glaubt die AKP-Regierung an Waffenniederlegung der PKK

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Der stellvertretende Ministerpräsident Atalay verkündet eine bevorstehende Waffenniederlegung durch die PKK. Auch Erdoğan spricht von großen Fortschritten. Doch an der Grenze zu Syrien kommt es zu einem tödlichen Zwischenfall mit der PKK. (Foto: cihan)

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Der stellvertretende Ministerpräsident Atalay verkündet eine bevorstehende Waffenniederlegung durch die PKK. Auch Erdoğan spricht von großen Fortschritten. Doch an der Grenze zu Syrien kommt es zu einem tödlichen Zwischenfall mit der PKK.
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Wenige Wochen vor den Präsidentschaftswahlen in der Türkei gibt sich der stellvertretende Ministerpräsident, Beşir Atalay, zuversichtlich mit Blick auf eine endgültige Beendigung des Kurdenkonflikts. Atalay zufolge soll die terroristische PKK schon bald bereit sein, ihre Waffen vollständig niederzulegen, und die Bereitschaft zu noch weiteren Schritten in Richtung einer friedlichen Lösung im bereits mehr als 30 Jahre andauernden Konflikt signalisiert haben.

In einem TV-Interview betonte Atalay, die Entwaffnung sei in Sicht. Das Land wäre „jetzt auf einem recht sicheren Weg“. Neben dem türkischen Geheimdienst Millî İstihbarat Teşkilâtı (MİT) seien auch noch weitere staatliche Institutionen nun dazu ermächtigt, sich in den Friedensprozess einzuschalten.

Mit Blick auf ein Gesetz, das in der Vorwoche im Parlament verabschiedet wurde und staatlichen Offiziellen, die in den Friedensprozess eingebunden sind, rechtliche Immunität gewährt, fügte Atalay hinzu, die Abmachungen seien nun für beide Seiten bindend, weshalb es keine Ausflüchte mehr geben könne. „Die Menschen in der Region werden nicht zur Gewalt zurückkehren“, betonte der Minister, „deshalb werden wir weitere Schritte gehen“. Er beklagte, dass „manche Kreise“ den Friedensprozess nicht unterstützen würden und „falschen Signale“ über die Medien aussendeten.

Erdoğan will keine Zugeständnisse an die PKK gemacht haben

Im Rahmen einer Iftar-Veranstaltung Anfang der Woche in Ankara stritt Premierminister Recep Tayyip Erdoğan gegenüber den Angehörigen gefallener Soldaten ab, „Konzessionen gemacht“ zu haben, um die Kurdenfrage zu lösen. „Wir haben im Friedensprozess große Fortschritte gemacht“, so Erdoğan. „Wir hatten als Resultat dessen in letzter Zeit keine gefallenen Soldaten mehr zu beklagen. Ich möchte es einmal mehr unterstreichen: Es wurden in keiner Weise Zugeständnisse gemacht. Wir haben dem Führer des Terrors [PKK-Führer Öcalan; d. Red.] nie die Hand geschüttelt oder den Terroristen selbst, wie einige Politiker das behaupten.“

In der südostanatolischen Provinz Şanlıurfa kam es diese Woche jedoch in Zusammenhang mit der PKK zu einem blutigen Zwischenfall. In der Grenzstadt Ceylanpınar entdeckten dort stationierte türkische Streitkräfte eine Gruppe, die von der Türkei nach Syrien vordringen wollten. Trotz vorhergehender Warnung durch das Militär sollen die illegalen Grenzgänger das Feuer eröffnet haben. Die türkischen Soldaten lieferten sich anschließend mit mehreren Bewaffneten, die versucht haben sollen, die zehn bis 15 Personen über die türkisch-syrische Grenze zu schmuggeln, ein Gefecht. Dabei wurden die Rekruten Adem Dövüşgen und Berat Sağırkaya getötet und der Korporal Yiğit Şağan schwer verletzt. Şağan erlag am Dienstag im Krankenhaus seinen Verletzungen.

Bei den Bewaffneten Schmugglern handelt es sich HürriyetdailyNews zufolge um Angehörige der PKK bzw. ihrem syrischen Ableger, der „Demokratischen Vereinigungspartei“ (PYD). Bei dem Gefecht wurden den Angaben der türkischen Armee zufolge auch sechs Mitglieder der PKK und der PYD getötet. Der militärische Arm der PYD, die paramilitärische kurdische „Volksverteidigungsfront“ (YPG), die im syrisch-kurdischen Rojava-Gebiet operiert, bestritt die Verwicklung von Kämpfern aus ihrer Organisation in den Zusammenstoß. Die Gegend werde ausschließlich von Schmugglern frequentiert, so die YPG.

Nachdem der militärische Druck auf die syrischen Kurden in den letzten Wochen besonders in dem an Ceylanpınar angrenzenden syrischen Gouvernement al-Hasaka gestiegen ist, wurde vor wenigen Tagen die Wehrpflicht in den kurdischen Gebieten eigeführt. Auch die PKK entsendet Kämpfer nach Syrien, um vorrückende Einheiten der Terrororganisation „Islamischer Staats im Irak und in Syrien“ (ISIS, mittlerweile nur noch IS) zu stoppen. PKK-Einheiten überqueren seitdem verstärkt die Grenze zwischen der Türkei und Syrien. (zaman)

PKK schickt Kämpfer nach Syrien

Doch der Vorfall steht in direktem Zusammenhang mit den jüngsten Ereignissen in Nordsyrien. Nachdem der militärische Druck auf die syrischen Kurden in den letzten Wochen besonders in dem an Ceylanpınar angrenzenden syrischen Gouvernement al-Hasaka gestiegen ist, wurde vor wenigen Tagen die Wehrpflicht in den kurdischen Gebieten eigeführt. Auch die PKK entsendet Kämpfer nach Syrien, um vorrückende Einheiten der Terrororganisation „Islamischer Staats im Irak und in Syrien“ (ISIS, mittlerweile nur noch IS) zu stoppen. PKK-Einheiten überqueren seitdem verstärkt die Grenze zwischen der Türkei und Syrien.

Während Zusammenstöße zwischen PKK-Kämpfern und der Armee infolge der politischen Auseinandersetzung rund um den Konflikt in der Südosttürkei an Bedeutung verlieren, kommt es jedoch mit Fortdauer des syrischen Bürgerkrieges immer öfter zu Gefechten im Zusammenhang mit Schmuggelaktivitäten. Die Gefahr, dass die Konflikte im benachbarten Irak und in Syrien auch in der Türkei zu einem Abbruch des Verhandlungsprozesses mit der PKK führen könnten, ist nicht auszuschließen. Wegen der Parteiergreifung der türkischen AKP-Regierung für teilweise extremistische sunnitische Oppositionskräfte in Syrien und im Irak ist das Vertrauen vieler Kurden in die Türkei belastet.

Seit Mai 2013, als die PKK ihren Rückzug von türkischem Boden erklärt hatte, war es seltener zu tödlichen Zusammenstößen gekommen, obwohl die Terroristen ihre Ankündigung nicht vollständig wahr gemacht hatten. Der letzte Todesfall im Zusammenhang mit dem Kurdenkonflikt war jener des Spezialwachtmeisters Musa Sumay, der im März 2014 nach einer Minenexplosion in der südöstlichen Provinz Şırnak ums Leben kam.