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Gesellschaft

Syrische Flüchtlinge: Soziale Spannungen wachsen

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In der Türkei wachsen die sozialen Spannungen zwischen Einheimischen und syrischen Flüchtlingen. Zu fremdenfeindlichen Ausschreitungen kam es in der Provinz Gaziantep. Ein Syrer hatte zuvor im Streit einen türkischen Hausbesitzer erstochen. (Foto: dha)

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In der Türkei wachsen die sozialen Spannungen zwischen Einheimischen und syrischen Flüchtlingen. Zu fremdenfeindlichen Ausschreitungen kam es in der Provinz Gaziantep. Ein Syrer hatte zuvor im Streit einen türkischen Hausbesitzer erstochen.
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In der vergangenen Woche wurden mehrere südtürkische Provinzen von  Ausschreitungen heimgesucht, die das Klima zwischen der Bevölkerung und syrischen Flüchtlingen belasten. In der Stadt Gaziantep ist die Lage Mitte der Woche nach dem Mord an einem türkischen Hausbesitzer eskaliert. Nachdem ein türkischer Hauseigentümer am späten Mittwochabend mutmaßlich von einem syrischen Bewohner im Zuge eines Streits erstochen worden war. Der Hauseigentümer hatte den Bewohner und seine Familie aufgefordert, sein Haus zu verlassen. Der Verdächtige lief nach dem Vorfall weg, eine größere Menschenmenge nahm die Verfolgung auf und versuchte, in ein Haus mit syrischen Flüchtlingen einzudringen, in dem der mutmaßliche Täter vermutet wurde. Die Polizei verhinderte dies.

In der Nachbarschaft versammelten sich nach Bekanntwerden der Tat aufgebrachte Anwohner. Es kam zu Ausschreitungen, nachdem die Gruppe vor der Unterkunft der Flüchtlinge aufmarschiert war. Infolge dieser Auseinandersetzungen zwischen den Anwohnern und syrischen Flüchtlingen wurden zehn Syrer verletzt.

Am Donnerstag traf der Masken tragende und mit Stöcken, Steinen und Messern bewaffnete Mob abermals ein. Einige aus der Gruppe verbrannten ein Auto mit syrischem Nummernschild, stürzten ein anderes um und attackierten Syrer, die in der Stadt leben, mit Messern. Zehn Personen mussten mit Stichwunden ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Fehlende mittel- und langfristige Flüchtlingspolitik

Der Gouverneur der Provinz, Erdal Ata, sagte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz der türkischen Katastrophenschutzbehörde (Afet ve Acil Durum Yönetimi Başkanlığı, AFAD), dass etwa 7800 syrische Flüchtlinge aus Gaziantep in eigens für sie eingerichtete Zeltstädte gebracht werden sollen. Today’s Zaman zufolge hätten das Büro des Gouverneurs, die Stadtverwaltung und die Sicherheitsbehörden diesen Schritt als Reaktion auf die Ausschreitungen nach der Ermordung des türkischen Hauseigentümers beschlossen. Die Zeltstädte liegen dem Bericht zufolge in Islahiye, Nizip, Viranşehir und Nusaybin. Ata kommentierte den Entschluss damit, dass die Flüchtlinge dort unter „gesünderen und angemesseneren Umständen“ leben könnten.

Die Türkei reichte den fliehenden Menschen aus Syrien als eines der ersten Länder die Hand. Doch die fehlende mittel- und langfristige Flüchtlingspolitik und die politische Fehleinschätzung des Konflikts stellt das Land heute vor große Probleme. Inzwischen befinden sich in der Türkei Schätzungen zufolge rund zwei Millionen syrische Flüchtlinge. Da das Land ursprünglich nur mit 250 000 Flüchtlingen gerechnet hatte, steht das Land nun vor ernsthaften Herausforderungen. Die 22 Flüchtlingscamps, die in zehn verschiedenen Provinzen nahe der syrischen Grenze errichtet wurden, reichen längst nicht mehr zur Versorgung der Vertriebenen aus. Die Anwesenheit der vielen syrischen Flüchtlinge bedeutet für die Bevölkerung in den türkischen Städten, dass die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt massiv steigt und dadurch die ohnehin schon niedrigen Löhne in verschiedenen Arbeitssektoren oft weiter fallen.

Die Psychologin Zeyneb Arasan von der Zirve-Universität erklärte im Bezug auf die Ausschreitungen: Im Bezug auf die Gäste aus Syrien besteht ein gehördliches Missmanagment. Sie wissen nicht, wie man mit der Situation psychologisch richtig umgehen soll. Ihr Versuch die Benachteiligung der Flüchtlinge zu beseitigen, hat zur Folge, dass nun Einheimische benachteiligt werden. Man kann die Situation mit der unbeabsichtigten Vernachlässigung des eigenen Kindes, um sich ganz auf die Umsorgung des Nachbarkindes zu konzentrieren, vergleichen. Unsere Bevölkerung hat Angst, dass die Familie schaden nimmt und ist der Ansicht, dass den syrischen Flüchtlingen Möglichkeiten geboten werden, die sie selbst nicht haben. Viele Einheimische empfinden die Flüchtlinge als Eingrenzung ihrer eigenen Möglichkeiten. Deshalb stehen diese Probleme.“