Auf offenem Meer: Tausende Rinder siechen vor der Türkei dahin
Kein Entkommen: Seit Ende Oktober ankerte ein Viehtransportschiff vor der türkischen Stadt Bandırma im Marmarameer. Tausende Rinder durften nicht an Land. Die Lage wird immer dramatischer.
Rund 4.000 Rinder müssen seit Wochen auf dem Transportschiff Spiridon II ausharren. Ohne Aussicht auf Entkommen siechen die Tiere in ihren eigenen Exkrementen dahin, wie verschiedene Medien berichten. Der Frachter aus Uruguay wird mehr und mehr zur Todesfalle für die Nutztiere, von denen Tierschützern zufolge nicht wenige trächtig sein sollen.
Wegen fehlender Genehmigungen und ungültiger Papiere war dem Schiff das Ausladen verwehrt worden. Nun scheint das Schiff, wie auf dem Schiffsnavigationsdienst „MarineTraffic“ zu verfolgen ist, auf der Rückreise nach Montevideo zu sein. In der Hauptstadt Uruguays startete die Odyssee der Tiere. Offizielle Bestätigungen dazu gibt es nicht.
Fehlende Melkvorrichtungen, kaum ausgebildete Crew
Wie viele der Tiere den erneuten Atlantik-Transit überhaupt überstehen können, ist ungewiss. Die hygienischen Bedingungen gelten laut Aktivisten als „katastrophal“: Kadaver sollen teilweise zwischen lebenden Tieren liegen, und selbst grundlegende Maßnahmen wie Reinigung, Belüftung oder tierärztliche Versorgung seien kaum möglich. Ganz zu schweigen von fehlenden Melkvorrichtungen.
Auch für die Crew spitzt sich die Lage zu. Hafenbehörden berichteten Medien zufolge von gesundheitlichen Problemen unter den Beschäftigten, verursacht durch Hitze, Ammoniak und fehlende Schutzmaßnahmen. Außerdem soll die Crew kaum für den Transport von Tieren ausgebildet worden sein.
Juristisches Tauziehen ohne klare Zuständigkeit
Unklar bleibt, wer für die Versorgung, Behandlung oder Rückführung der Tiere verantwortlich ist. Während Uruguay betont, die Ausfuhr sei ordnungsgemäß genehmigt worden, beruft sich die Türkei auf gravierende Unregelmäßigkeiten in der Dokumentation. Die Reederei schweigt.
Tierschutzorganisationen sehen darin ein systemisches Problem: Immer wieder würden Lebendtiertransporte mangels international abgestimmter Standards in rechtlichen Grauzonen enden. „Die Tiere werden zum Spielball bürokratischer Prozesse“, kritisiert etwa „Animal Welfare Foundation“.
Forderungen nach Konsequenzen
EU-Politiker und Tierschutzverbände verlangen inzwischen umfassende Reformen. Langstreckentransporte über See sollen drastisch eingeschränkt oder ganz verboten werden. Der Fall der Spiridon II könnte – so Expert:innen – eine erneute Debatte auf EU- und UN-Ebene anstoßen.
Währenddessen entfernt sich das Schiff Kilometer um Kilometer von der türkischen Küste. An Bord kämpfen Tausende Rinder weiter ums Überleben – in einer Odyssee, die längst zum Symbol für die Schattenseite globaler Nutztiertransporte geworden ist.



