Menschenrechte
Chefredakteur nach Beileidsbekundung für Fethullah Gülen festgenommen
Einst war es in der Türkei gern gesehen, sich mit Fethullah Gülen oder seiner Bewegung zu zeigen, seit einigen Jahren hingegen ist es bereits gefährlich, seinen Namen in den Mund zu nehmen. Das bleibt auch nach seinem Tod so.
In der Türkei hat die Verhaftung des Chefredakteurs der Zeitung „Yeni Asya“, Kazım Güleçyüz, wegen einer Beileidsbekundung für den verstorbenen Prediger Fethullah Gülen eine Debatte ausgelöst. Güleçyüz hatte auf der Plattform X die Worte „Allah habe ihn selig“ gepostet, was von den türkischen Behörden als Sympathiebekundung und als mögliche „Terrorpropaganda“ gewertet wurde. Neben ihm wurden drei weitere Personen aufgrund ähnlicher Postings festgenommen.
Festnahme und Sperrung von Social Media-Konten
Zusätzlich zur Festnahme wurde Güleçyüz‘ X-Konto für Nutzer in der Türkei blockiert. Auch in der Stadt Bursa geriet eine lokale Journalistin in das Visier der Behörden, nachdem sie in einer Sendung die Worte „Möge sein Platz im Paradies sein“ verwendet hatte. Gegen die Journalistin wurde ebenfalls ein Verfahren wegen „Terrorpropaganda“ eingeleitet, was in sozialen Medien nicht nur positiv kommentiert wurde. Die Journalistin erklärte später, dass ihre Worte im Kontext missverstanden wurden und dass diese Aussage nicht ihrer persönlichen Meinung entspreche. Sie habe sie im Affekt getätigt.
Kritik von Mustafa Yeneroğlu an den Festnahmen
Mustafa Yeneroğlu, aus Köln stammender Abgeordneter der türkischen Oppositionspartei DEVA, äußerte scharfe Kritik an der Verhaftung Güleçyüz‘. In einem Tweet erklärte er: „Die Verhaftung von Kazım Güleçyüz wegen seines X-Posts ist rechtlich inakzeptabel und eine willkürliche Maßnahme.“ Yeneroğlu zufolge erfüllten Güleçyüz‘ Worte nicht die Merkmale der „Terrorpropaganda“, das Gesetz dürfe nicht nach persönlicher Vorliebe oder gesellschaftlicher Empörung instrumentalisiert werden.
Yeneroğlu führte weiter aus, dass eine Strafverfolgung wegen Terrorpropaganda nur dann gerechtfertigt wäre, wenn die Aussagen Gewalt, Drohungen oder die Verherrlichung einer Terrororganisation beinhalten würden. Da dies in Güleçyüz‘ Äußerung jedoch nicht der Fall sei, sieht Yeneroğlu die Festnahmebedingungen als nicht erfüllt an. Er sprach sich entschieden gegen die Instrumentalisierung der Justiz aus. Diese jüngsten Fälle verdeutlichen abermals die angespannte Lage der Meinungsfreiheit in der Türkei, bei der selbst einfache Beileidsbekundungen kriminalisiert werden können.