Gesellschaft

Christen, Muslime und Juden im Dialog: Frankfurter Konferenz erinnert an „Nostra Aetate“

  • November 11, 2025
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Christen, Muslime und Juden im Dialog: Frankfurter Konferenz erinnert an „Nostra Aetate“

Sechzig Jahre nach der Erklärung „Nostra Aetate“ kamen Vertreter dreier Weltreligionen in Frankfurt zusammen. Bei der internationalen Konferenz „Three Faiths – One Hope“ erinnerten sie an die wegweisende Botschaft des Zweiten Vatikanischen Konzils – und diskutierten, wie gegenseitiger Respekt und Dialog auch in Krisenzeiten gelebt werden können.

Am 5. und 6. November fand im Haus am Dom des Bistums Limburg eine internationale Konferenz anlässlich des 60. Jahrestags der Erklärung „Nostra Aetate“ statt. In einer Zeit wachsender gesellschaftlicher Spannungen würdigten Vertreter aller drei abrahamitischer Weltreligionen die Botschaft dieser wegweisenden historischen Erklärung.

Organisatoren des Treffens waren die Philosophisch-Theologische Hochschule Sankt Georgen, die Katholische Akademie des Bistums Limburg und das Forum für Interkulturellen Dialog (FID e. V.). Zudem trug die Vereinigung Religions for Peace Europe zur Umsetzung bei. Unter dem Motto „Jews, Muslims, and Christians: Three Faiths – One Hope“ erörterten Vertreter aus Religion, Wissenschaft und Zivilgesellschaft Wege zu mehr Verständnis und Kooperation.

„Nostra Aetate“ markierte 180-Grad-Wende für die Katholische Kirche

Das Zweite Vatikanische Konzil verabschiedete die Erklärung „Nostra Aetate“ am 26. Oktober 1965. Papst Paul VI. promulgierte sie zwei Tage später. Sie befasst sich mit der Haltung der Katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen.

Es handelte sich um ein historisches Dokument: Erstmals in ihrer Geschichte erkannte die Katholische Kirche an, dass es religiöse Wahrheiten auch außerhalb des Christentums geben konnte. Zudem sprach sie sich unmissverständlich gegen Antisemitismus und Rassismus aus. In seiner Rede zur Eröffnung der Konferenz machte der Direktor des Hauses am Dom, Dr. Joachim Valentin, die Bedeutung des Dokuments für die weltgrößte christliche Denomination deutlich: „Die Kirche konnte ihre eigene Mitverantwortung für Antisemitismus und Ausgrenzung nicht länger ignorieren. Nostra Aetate markierte eine 180-Grad-Wende: Sie erkannte das Judentum als Wurzel des Christentums an und würdigte zugleich den Glauben und die Praxis des Islam mit großem Respekt.“

Treffen zwischen Johannes Paul II. und Gülen erfüllte Dokument mit Leben

Der im Exil lebende türkische Theologe und frühere stellvertretende „Zaman“-Chefredakteur Abdullah Aymaz hob in seiner Eröffnungsrede die besondere Bedeutung von „Nostra Aetate“ aus muslimischer Sicht hervor. Er machte deutlich: „Nostra Aetate spricht von den Muslimen als ‚denen, die den einen Gott anbeten‘. Die Erklärung nennt vier der schönen Namen Allahs: Al-Hayy, Al-Qayyum, Ar-Rahman, Al-Qadir. Das zeigt tiefen Respekt und theologisches Verständnis.“

Die Erklärung rief Christen und Muslime dazu auf, „die Vergangenheit zu vergessen und aufrichtig gegenseitiges Verständnis zu suchen“. Papst Johannes Paul II. habe im 1998 den Geist von „Nostra Aetate“ auf eine besonders symbolträchtige Weise mit Leben gefüllt. Am 9. Februar jenes Jahres empfing er im Vatikan den türkischen Gelehrten Fethullah Gülen, für den der interreligiöse Dialog zu den zentralen Schwerpunkten seines Wirkens gehörte. Aymaz äußerte dazu: „Dieses historische Treffen zeigt, wie weit interreligiöser Dialog gehen kann, wenn er von gegenseitigem Respekt getragen wird.“ Die Vision von „Nostra Aetate“ bleibe angesichts von Extremismus und Polarisierung heute aktueller denn je.

Nach „Nostra Aetate“ Christen, Juden und Muslime „nicht länger Fremde, sondern Partner“

Der Generalsekretär des Bundes Deutscher Dialoginstitutionen (BDDI), Kadir Boyaci, betonte in seinem Redebeitrag die bleibende Verantwortung der Religionsgemeinschaften: „Nostra Aetate hat vor sechzig Jahren die Türen geöffnet, damit Christen, Muslime und Juden einander nicht länger als Fremde begegnen, sondern als Partner für Frieden, Gerechtigkeit und Mitmenschlichkeit. Dieses Anliegen wollten wir mit unserer Konferenz stärken.“

An der Konferenz nahmen Referierende aus mehr als zehn Ländern teil – von den USA über Nigeria, Albanien, der Slowakei oder Israel bis hin zu Indonesien. Zu den Rednern gehörten unter anderem Prof. Dr. Scott C. Alexander (USA), Rabbi Dr. Yakov Nagen (Israel), Bischof Gjergj Meta (Albanien) und Prof. Assoc. Dr. Genti Kruja (Albanien), Präsident von Religions for Peace Europe.

Mit theologischen Vorträgen und praxisnahen Workshops setzte die Konferenz ein Zeichen für lebendige Verständigung. Religions for Peace Europe und FID e. V. bekräftigten ihre Absicht, auch künftig Brücken zwischen Glaubensgemeinschaften schlagen zu wollen. Sechzig Jahre nach der Erklärung Nostra Aetate lautet die Botschaft aus Frankfurt: Frieden wächst aus Begegnung, nicht aus Abgrenzung.

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