Erdoğan wirft Social-Media-Plattformen „abartige Trends“ vor – Türkei plant neue Digitalgesetze
Der türkische Präsident Erdoğan hat globale Digitalkonzerne scharf angegriffen. Sie würden die Familie „unter Beschuss“ nehmen und „abartige Trends“ fördern. Hinter der moralischen Argumentation steckt laut Kritikern jedoch ein politisches Kalkül: die Ausweitung staatlicher Kontrolle über soziale Medien und internationale Tech-Plattformen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat globale Onlinemedien, Streamingdienste und Social-Media-Plattformen beschuldigt, „abartige Trends“ zu fördern. Vor allem die traditionelle Familienstruktur sei „ernsthaft unter Beschuss“. Auf dem TRT World Forum 2025 äußerte er, die Digitalkonzerne gefährdeten soziale Werte und pervertierten das Konzept der Freiheit.
„Die Familie als Institution wird angegriffen“, äußerte der türkische Präsident. „Abartige Trends und Beziehungen, die die menschliche Natur ignorieren, werden durch die digitalen Plattformen ermuntert. Jede Form der Unmoral wird legitimiert und Menschen entblößen sich, nur um ein paar Likes zu bekommen.“
MHP will Digitalsteuern für internationale Konzerne erhöhen
Die Äußerungen Erdoğans sind ein gutes Beispiel für die Bestrebungen seiner Regierung, die sozialen Medien und digitalen Konzerne in der Türkei einer engmaschigen Regulierung zu unterwerfen. Bereits im Jahr 2014 ließ Erdoğan im Vorfeld der Kommunalwahlen den Zugang zu sozialen Medien sperren. Wenig später kündigte er an, er werde den Kurznachrichtendienst Twitter – heute: X – „ausradieren“.
Diese Erfahrungen lassen Kritiker vermuten, dass es Erdoğan bei seinen Bestrebungen weniger um die öffentliche Moral geht, sondern um die Unterdrückung oppositioneller Stimmen. Schon am 27. Oktober hatte der Koalitionspartner, die Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), einen Gesetzentwurf in die Große Nationalversammlung eingebracht.
Diese sieht vor, die Digitalsteuer für ausländische Tech-Konzerne von 7,5 auf 12,5 Prozent der in der Türkei erzielten Erlöse anzuheben. Für inländische Unternehmen soll er gleichbleiben. Auf diese Weise wolle man „die nationalen digitalen Medien stärken“ – vor allem im Wettbewerb mit internationalen Unternehmen wie Netflix, YouTube und Spotify. Dies betonte auch MHP-Vizechef İsmail Özdemir.
Türkei gehört zu restriktivsten Staaten bezüglich der Digitalgesetzgebung
Die Türkei verfügt im internationalen Vergleich bereits heute über restriktive Digitalgesetze. Diese reichen von Maßnahmen zur Bevorzugung staatsnaher inländischer Medien bis hin zu Inhaltsquoten für Social-Media-Dienste oder die Auflage, in der Türkei lokale Zentralen zu führen.
Zudem blockieren Behörden regelmäßig den Zugang zu Social-Media-Konten und digitalen Nachrichtenkanälen unter dem Banner nationaler Sicherheitsgesetze oder des „Kampfes gegen Desinformation“. Allein unter diesem Banner wurden Innenminister Ali Yerlikaya bereits in den ersten vier Monaten des Jahres 2025 mehr als 27.000 Social-Media-Konten gesperrt.



