
Seit 2019 ist die Türkei Europas größter Müllimporteur. Millionen Tonnen Abfall landen jährlich im Land – doch was damit geschieht, bleibt unklar. Opposition und Umweltschützer sprechen von einem Skandal.
Die Türkei hat sich in den vergangenen Jahren zum wichtigsten Ziel für Abfälle aus der Europäischen Union entwickelt. Mit 12,3 Millionen Tonnen Müll, die allein 2024 aus den 27 EU-Staaten eingeführt wurden, steht das Land seit 2019 an der Spitze der weltweiten Müllimporteure.
Was mit den Abfällen tatsächlich geschieht, bleibt im Dunkeln – sehr zum Ärger von Opposition und Umweltverbänden. Die CHP-Abgeordnete Gülcan Kış forderte bereits im Mai Aufklärung von der Regierung, berichtet die Frankfurter Rundschau.
Umweltminister bleibt Antworten schuldig
In einer parlamentarischen Anfrage wollte sie unter anderem wissen, welche Arten von Abfällen importiert werden, wie viel davon recycelt wird und ob ein Teil illegal verbrannt oder in der Natur entsorgt wird.
Umweltminister Murat Kurum antwortete zwar schriftlich, blieb jedoch vage. Er verwies auf Importquoten seit 2020 und betonte, dass Abfälle nicht zur Verbrennung oder Deponierung eingeführt werden dürften. Zudem habe es fast 32.000 Kontrollen und Strafen in Milliardenhöhe gegeben. Konkrete Angaben zu den Müllmengen oder deren Verbleib machte er nicht.
Europas Müllcontainer
Umweltorganisationen warnen seit Jahren vor den Folgen. Greenpeace Türkei berichtet, dass sich die Abfallimporte seit 2019 dramatisch erhöht haben – im Vergleich zu vor 15 Jahren um das 173-Fache. Und auch in Europa wächst die Kritik. Immer wieder dokumentieren NGOs, dass importierter Plastikmüll in der Türkei nicht fachgerecht verarbeitet wird.
Stattdessen landet er auf wilden Deponien oder wird unter fragwürdigen Bedingungen verbrannt. Kritiker werfen Präsident Recep Tayyip Erdoğan und seiner Regierung vor, Umweltschutz dem Profitstreben unterzuordnen. Trotz wachsender Proteste aus Opposition, Zivilgesellschaft und Europa bleibt die Türkei damit vorerst Europas Müllcontainer.