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Festgenommen in den USA: Türkische Doktorandin verbucht ersten Erfolg vor Gericht

  • April 24, 2025
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Festgenommen in den USA: Türkische Doktorandin verbucht ersten Erfolg vor Gericht

Ein US-Bundesrichter hat angeordnet, dass die türkische Doktorandin Rümeysa Öztürk bis spätestens 1. Mai nach Vermont überstellt werden muss. Die 30-Jährige war wegen des Vorwurfs antisemitischer Umtriebe an ihrer Universität festgenommen und in Abschiebehaft überführt worden. Bürgerrechtler sehen keine ausreichende Grundlage für das Vorgehen der Einwanderungsbehörde.

Im Fall der türkischen Doktorandin Rümeysa Öztürk in den USA hat ein Bundesrichter deren Verbringung nach Vermont angeordnet. Diese Rückführung müsse bis zum 1. Mai stattfinden. Anschließend sei eine Kautionsanordnung durchzuführen. Für denselben Tag war ursprünglich auch bereits eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit ihres Visaentzugs angesetzt.

Der Fall der Studierenden steht im Zusammenhang mit der Verordnung von US-Präsident Donald Trump zur Bekämpfung von antisemitischen Aktivitäten vom 29. Januar 2025. Diese zielt vor allem auf Universitäten, die seit dem Massaker der terroristischen Hamas in israelischen Grenzgebieten vom 7. Oktober 2023 als Hochburgen entsprechender Umtriebe gelten.

Öztürk auf dem Weg zum Iftar von Beamten in Zivil festgenommen

Die Verordnung sollte auch die Grundlage für den Entzug von Visa für Studierende darstellen, die über keine US-Staatsangehörigkeit verfügen und durch antisemitische Bestrebungen auffallen. Im Fall der 30-jährigen Doktoratsstudentin an der Tufts University in Somerville im Bundesstaat Massachusetts sorgten vor allem die Umstände ihrer Verhaftung für Irritationen bei Angehörigen und Bürgerrechtsorganisationen.

Videos dokumentieren, wie ICE-Agenten in Zivil Öztürk auf dem Weg zu einer Iftar-Veranstaltung festnahmen und in Handschellen legten. Anschließend verfrachteten sie die Frau in ein nicht gekennzeichnetes Fahrzeug und überstellten sie in eine 2.500 Kilometer entfernte Abschiebehaftanstalt im Bundesstaat Louisiana. Dabei wurde sie auch über das Gebiet des Bundesstaates Vermont transportiert, woraus sich die juristische Anknüpfung ergibt, die für die jüngste Entscheidung relevant war. Vor ihrer Familie und ihren Anwälten wurde ihr Aufenthaltsort über mehrere Tage geheim gehalten.

Zum Zeitpunkt der Einreichung ihrer ersten Klage gegen ihre Inhaftierung befand sie sich gerade in Vermont in ICE-Gewahrsam. Die Zollbehörde verneinte die Zuständigkeit eines Gerichts in Massachusetts, weil die Studentin bereits aus dem Bundesstaat weggebracht worden sei.

Widerruf des Visums nicht mitgeteilt – und keine Anklage in Sicht

Im Vorfeld der Festnahme war Öztürk der Widerruf ihres Visums nicht mitgeteilt worden, äußerten ihre Anwälte gegenüber CNN. Auch seien keine strafrechtlichen Anklagen gegen sie erhoben worden. Eine Bundesrichterin in Boston ordnete an, dass die Studierende vorerst nicht abgeschoben werden dürfe. Diese Anordnung solle gelten, bis feststehe, ob das Gericht in Boston auch zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit ihrer Anhaltung befugt sei.

Konkret wird Rümeysa Öztürk eine Unterstützung der Hamas vorgeworfen. Der Vorwurf stützt sich ausschließlich auf einen Artikel in der Universitätszeitung „Tufts Daily“. In diesem Meinungsbeitrag, den sie gemeinsam mit drei weiteren Studierenden verfasst hatte, war die Rede von einem „Völkermord“, den Israel in Gaza begehe. Dieses Narrativ wird auch, jedoch nicht exklusiv, von der Hamas vertreten. Außerdem rief der Artikel zur Beendigung von Investitionen in Unternehmen mit Bezug zu Israel auf.

„Keine Beweise“: US-Außenministerium entlastet festgenommene Türkin

Die Hamas selbst findet im Artikel keine Erwähnung. Bisherigen Erkenntnissen zufolge spielte Öztürk bis dato auch keine führende Rolle bei anti-israelischen Protesten an Universitäten. Solche hatten seit dem 7. Oktober 2023 in mehreren US-Bundesstaaten stattgefunden. In einigen Fällen war es dabei auch zu Übergriffen oder Drohungen gegen jüdische Studierende gekommen.

Anwälte: Rümeysa Öztürk „keinerlei Gefahr für die Gemeinschaft“

Wie die „Washington Post“ berichtete, sollen Beamte des US-Außenministeriums intern zu dem Schluss gekommen sein, dass es keine ausreichenden Beweise für kriminelle Campus-Aktivitäten oder terroristische Verbindungen Öztürks gebe. Dennoch wurde sie inhaftiert und eine Freilassung auf Kaution verweigert. Das Memo, mit dem der Widerruf ihres Visums begründet wurde, erwähnte lediglich den Meinungsartikel. Dessen Inhalte sind jedoch in den USA durch den Ersten Verfassungszusatz geschützt, der höchstrichterlicher Rechtsprechung zufolge auch für Nicht-Staatsangehörige gilt.

Zudem deutet es ohne nähere Präzisierung an, sie habe „gemeinsame Sache mit einer Organisation gemacht, die später vorübergehend vom Campus verbannt wurde“. Gemeint war die Gruppe „Tufts Students for Justice in Palestine“. Diese hatte Demonstrationen angeführt und wurde einige Monate nach der Veröffentlichung des Artikels von der Tufts-Verwaltung suspendiert.

Bürgerrechtsorganisation und Öztürks Anwälte bezweifeln, dass dies einen hinreichenden Grund für eine Abschiebung darstelle. Marty Rosenbluth, einer der Anwälte, nennt das Vorgehen einen „kompletten Verstoß gegen das Prinzip des ordnungsgemäßen Verfahrens und die Rechtsstaatlichkeit“. Aufgrund ihres laufenden Verfahrens gehe von Öztürk keine Fluchtgefahr aus. Ihr Doktorandenprogramm dauere voraussichtlich noch neun Monate, im Frühjahr und Sommer stünden wichtige Termine an. Außerdem sei die 30-Jährige gesundheitlich angeschlagen und habe in Haft mehrere Asthmaanfälle erlitten. Die Doktorandin stelle, so ihre Anwälte, keinerlei Gefahr für die Gemeinschaft dar.

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