Historisch: Griechenland erkennt Bektaschi-Aleviten als religiöse Gemeinschaft an

In der Türkei werden die Bektaschi-Aleviten nicht als eigenständige religiöse Gemeinschaft anerkannt, obwohl sie seit über acht Jahrhunderten fester Bestandteil Anatoliens sind. In Griechenland nun hingegen schon. Ein neuer Gesetzentwurf stärkt ihre Rechte in Bildung, Ritualen und Eigentumsfragen
Zum ersten Mal in der Geschichte Griechenlands wird die Bektaschi-Alevitische Gemeinschaft in Westthrakien offiziell als eigenständige religiöse Gruppe anerkannt. Ein entsprechender Gesetzentwurf, der vom griechischen Parlament eingebracht wurde, sieht weitreichende Rechte für die rund 3.500 Mitglieder dieser Gemeinschaft vor, wie die Seite Ekathimerini berichtet.
Die Gesetzesinitiative erlaubt es den Bektaschi-Aleviten:
- Eigene Vereine zu gründen, um ihre Immobilien selbst zu verwalten,
- Eheschließungen und Beerdigungen nach ihren religiösen Riten durchzuführen,
- Mitspracherecht bei der Bildung ihrer Kinder zu erhalten,
- und ihre Gebetsstätten offiziell anerkennen zu lassen.
Hochzeiten und Beerdigungen wurden bislang von sunnitischen Gelehrten durchgeführt
Ahmet Karahussein, ein führender Vertreter der Gemeinschaft, betonte, dass bisher religiöse Zeremonien wie Hochzeiten und Beerdigungen von sunnitischen Muftis oder Imamen durchgeführt werden mussten – ein Umstand, der der religiösen Identität der Bektaschi-Aleviten nicht gerecht wurde.
Die Bektaschi-Aleviten sind sehr wahrscheinlich aus dem schiitischen Islam hervorgegangen, zeichnen sich jedoch durch eine stark mystische Ausrichtung und Werte aus, die oftmals als progressiv gelten. In einem Land, in dem die muslimische Minderheit in Westthrakien überwiegend sunnitisch und ethnisch vielfältig ist, stellt diese Anerkennung einen bedeutenden Schritt in Richtung religiöser Pluralität dar.
Historisch betrachtet wurden Muslime in Westthrakien von der griechischen Regierung lange Zeit homogen als „Türken“ behandelt – eine Sichtweise, die auch von der Türkei vertreten wird. Bis in die 1970er Jahre wurden alle muslimischen Gruppen gleich behandelt und türkische Lehrer durften in der Region unterrichten, was zu einer Vernachlässigung der inneren Vielfalt führte.