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Höhepunkt heute: Papst Leo besucht die Türkei

  • November 28, 2025
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Höhepunkt heute: Papst Leo besucht die Türkei

Der Papst hat seine viel beachtete erste Auslandsreise angetreten. Seit gestern hält er sich in der Türkei auf und kam nicht nur mit Präsident Erdoğan zusammen.

Am Donnerstag trat Papst Leo XIV. seine erste Auslandsreise an — und landete am Vormittag in Ankara. Damit will der neue Pontifex ein Zeichen setzen: für christlich-islamischen Dialog, für religiöse Vielfalt und für Frieden in einer Region, die Spannungen kennt.

In einer feierlichen Ansprache in der türkischen Nationalbibliothek würdigte Leo die Türkei als „Brücke zwischen Ost und West sowie Kulturen und Religionen“. Er rief dazu auf, dass die Türkei „eine Quelle der Stabilität und der Annäherung zwischen den Völkern sein möge“, und betonte die Dringlichkeit von geduldigem Dialog und entschlossenem Einsatz für Frieden. Präsident Recep Tayyip Erdoğan erklärte, dass die Türkei religiöse und kulturelle Vielfalt nicht als spaltend, sondern als Reichtum wahrnehme.

Höhepunkt der Reise am Freitag

Nach der Ankunft besuchte Leo das Mausoleum des Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk in Ankara — ein symbolisches Zeichen der Anerkennung für die moderne Staatsgründung der Türkei. Anschließend folgte ein offizielles Treffen mit dem Staatspräsidenten im Präsidentenpalast, bei dem religiöse Toleranz und interreligiöser Zusammenhalt auf der politischen Agenda standen.

Der Höhepunkt der Reise liegt allerdings im spirituell-ökumenischen Bereich: In der westtürkischen Stadt Iznik (dem antiken Nicäa) wollen Christen verschiedener Konfessionen mit Leo heute an das 1.700-jährige Jubiläum des historischen Ersten Konzils von Nicäa erinnern — jenes Konzils, das das gemeinsame Glaubensbekenntnis der Kirchen definierte. Mit diesem Schritt signalisiert der Papst sein Anliegen, Christen in Europa, Asien und dem Nahen Osten näher zusammenzuführen.

Doch auch die Türkei ist heute ein Land mit großer religiöser und kultureller Diversität — mit mehrheitlich muslimischer Identität, aber auch zahlreichen Minderheiten. Entsprechend stehen auf dem Programm auch Begegnungen mit politischen und religiösen Führungspersonen: So traf der Papst in Ankara den neuen Präsidenten der staatlichen Religionsbehörde (Diyanet). Das Treffen fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Einstiger Papst-Attentäter will ebenfalls vor Ort sein

Doch die Reise ruft nicht nur Sympathie hervor — sie wirft auch Fragen auf. So reiste überraschend der früher für ein Attentat bekannte Türke Mehmet Ali Ağca nach Iznik. Er hatte 1981 versucht, dem damaligen Papst Johannes Paul II. das Leben zu nehmen — ein Ereignis, das die katholische Kirche weltpolitisch erschütterte. Ağca erklärte, er wolle „den Papst willkommen heißen“ und sei „im Zentrum eines göttlichen Plans“. Ob ein unwahrscheinliches Treffen mit dem Papst stattfindet, blieb offen.

Für viele Christen weltweit ist dies eine Reise mit Hoffnung: In einem überwiegend muslimisch geprägten Land wie der Türkei — in dem Christen eine Minderheit darstellen (ca. 180.000 Menschen) — könnte Leo XIV. ein Zeichen setzen, dass Religionen nicht trennen, sondern verbinden können. Für andere wiederum — vor allem Säkularisten und Atatürk-Anhänger — ist die Papstvisite Anlass zur Sorge: Wird Religion zu viel politischen Einfluss gewinnen? Und kann ein religiöser Besuch in einem Land mit schwieriger Religionspolitik tatsächlich ein Zeichen für Freiheit und Frieden sein?

Leos Reise endet am 30. November mit einem Anschlussbesuch im Libanon — ein Land, das seit Jahren mit politischen, wirtschaftlichen und sozialen Krisen kämpft. Mit seinem Besuch hofft der Papst offenbar, das Leid der Menschen dort ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit zu rücken und ein Zeichen des christlich-islamischen Dialogs zu setzen.

dpa/dtj

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