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Interpol jagt Wettnetzwerk – Sponsoring von Galatasaray im Fokus

  • November 25, 2025
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Interpol jagt Wettnetzwerk – Sponsoring von Galatasaray im Fokus

Der türkische Wettskandal hat eine neue Stufe erreicht. Der für Organisierte Kriminalität zuständige Staatsanwalt Akın Gürlek trat vergangene Woche ungewöhnlich offen vor die Presse – ein Schritt, den man aus der sonst verschlossenen Ermittlungsbehörde kaum kennt. Er bestätigte, dass seine Behörde offiziell mit Interpol und der UEFA zusammenarbeitet, um ein Netzwerk illegaler Wettplattformen aufzudecken, dessen Strukturen weit über die Grenzen der Türkei hinausreichen.

Gürleks Erklärung markiert einen Wendepunkt. Zum ersten Mal wird öffentlich, dass die Ermittlungen internationale Ausmaße angenommen haben und auch Bereiche des türkischen Profifußballs Gegenstand der Untersuchung geworden sind. Im Zentrum steht dabei ein Sponsor, der auf den Trikots von Galatasaray zu sehen war: die Domain meritking.news.

Ein Verein unter Beobachtung – und eine wirtschaftliche Entwicklung, die Fragen aufwirft

Galatasaray befand sich in den vergangenen beiden Jahren in einer Phase rapider finanzieller Expansion. Der Verein investierte in immer kostspieligere Transfers und zahlte Ablösesummen, die selbst im europäischen Vergleich Aufsehen erregten. Gleichzeitig häuften sich Berichte über kreative Vertragsmodelle, ungewöhnliche Zahlungen und Sponsoringvereinbarungen, deren Herkunft und Nachvollziehbarkeit erneut in den Mittelpunkt rücken.

Zu diesen Vereinbarungen gehörte auch der millionenschwere Sponsoringvertrag mit meritking.news, offiziell als globaler „Sport-News-Partner“ präsentiert. Dass nun genau diese Plattform im Zentrum eines internationalen Ermittlungsnetzwerks steht, verstärkt die Zweifel an der Sorgfalt, mit der Sponsoren geprüft wurden.

Widersprüche zwischen öffentlicher Darstellung und Ermittlungsbefunden

In den vergangenen Monaten hatten Vereinsfunktionäre und Galatasaray-nahe Kommentatoren betont, Galatasaray habe „niemals Werbung für illegale Wettanbieter“ gemacht. Die Domain meritking.news sei „kein Wettportal“, sondern ein Nachrichtenprojekt. Unter anderem sagte das der bekannte Kommentator und Rechtsanwalt Bışar Özbey.

Doch die jüngsten Enthüllungen widersprechen dieser Darstellung deutlich. Die Ermittler stellten fest, dass sowohl meritking.news als auch meritking.royal dem gleichen Betreiberkreis zuzuordnen sind – einem Kreis, dessen mutmaßlicher Kopf, Fedlan Kılıçaslan, inzwischen mit einer Interpol-Fahndung (Red Notice) gesucht wird. Sein gesamtes Vermögen, darunter auch Kryptowährungen, wurde eingefroren.

Die Verbindung beider Domains führt direkt zum Kern des Skandals: Die angebliche News-Seite war Teil eines Systems, das weltweit Gelder aus illegalen Wetten bewegen soll. Damit ist die zentrale Behauptung der Galatasaray-Seite, die Domain habe „nichts mit illegalem Glücksspiel zu tun“, nicht mehr zu halten.

Wie die Werbung auf die Trikots kam – und was jetzt untersucht wird

Für die Saison 2024/25 und 2025/26 schloss Galatasaray einen Sponsoringvertrag über mehr als 14 Millionen Dollar ab. Am 14. September 2024 erschien die Domain bei der Partie gegen Çaykur Rizespor auf den LED-Panels des Stadions und auf den Trikots der Spieler, darunter Stars wie Mauro Icardi und Victor Osimhen.

Dass ausgerechnet diese Domain nun als Teil eines illegalen Wettnetzwerks gilt, verleiht den Ermittlungen besondere Schärfe. Gürlek kündigte an, dass digitale Spuren ausgewertet, internationale Zahlungsströme verfolgt und die Betreiber der Seite eindeutig identifiziert werden sollen. Zudem soll die Rolle von Serwin Global Solutions, dem Vertragspartner Galatasarays, vollständig offengelegt werden.

Die Aufhebung der Einstellungsverfügung – ein Signal der Staatsanwaltschaft

Ein weiterer Wendepunkt war die Entscheidung des Istanbuler Strafgerichts, die zuvor ausgesprochene Einstellung des Verfahrens gegen Galatasaray aufzuheben. Die Richter begründeten dies mit „unvollständiger und unzureichender Ermittlung“ und forderten eine umfassende Ausweitung der Untersuchung.

Dabei steht nicht die Frage im Vordergrund, ob Galatasaray wissentlich gehandelt hat, sondern ob der Verein durch ungenügende Prüfung der Partner einem illegalen Netzwerk Sichtbarkeit verschafft hat – und ob Dritte gezielt eine harmlose Fassade geschaffen haben, um Sponsoring im Profifußball zu ermöglichen.

Ein Schatten über dem türkischen Fußball

Die Ermittlungen, der wirtschaftliche Aufstieg des Vereins, die dubiosen Sponsoringstrukturen und die Beteiligung internationaler Behörden ergeben ein komplexes Bild. Noch gibt es keine belastbaren Hinweise auf vorsätzliches Handeln seitens Galatasaray. Doch der Fall legt offen, wie fragil die Grenzen zwischen legalem Sponsoring, wirtschaftlichem Druck und kriminellen Strukturen geworden sind.

Für den türkischen Fußball ist dieser Skandal ein möglicher Wendepunkt, vorausgesetzt die Ermittlungen werden weiterhin nach internationalen Maßstäben durchgeführt. Für Galatasaray droht mindestens ein Imageschaden, der weit über den Sport hinaus wirken könnte.

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