Kurz vor den Wahlen: Mehr als 100 politische Festnahmen in der Türkei

In der Türkei sind knapp drei Wochen vor der Präsidentschafts- und Parlamentswahl 128 Menschen wegen angeblicher Verbindungen zur PKK festgenommen worden. Dagegen regt sich Protest.

Unter den Festgenommenen befänden sich auch hochrangige Funktionäre der prokurdischen Oppositionspartei HDP, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Dienstag. Ein HDP-Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur, der stellvertretende Vorsitzende Özlem Gündüz und andere Parteimitglieder seien festgenommen worden.

Konkret habe es in 21 Provinzen Razzien der Polizei gegeben, berichtete Anadolu weiter. Rund 3000 Polizistinnen und Polizisten seien beteiligt gewesen, die unter anderem Bücher und Computer beschlagnahmt hätten. Jüngste Umfragen deuten darauf hin, dass prokurdische Wähler bei dem Urnengang am 14. Mai eine entscheidende Rolle spielen könnten.

HDP weist Anschuldigungen zurück

Die Staatsanwaltschaft in der südöstlichen Stadt Diyarbakır wirft den Verdächtigen demnach unter anderem vor, die PKK finanziell unterstützt und Terrorpropaganda betrieben zu haben. Unter den Festgenommenen seien auch Journalisten und Anwälte, teilte die Anwaltskammer von Diyarbakır auf Twitter mit.

Bei den Wahlen in gut drei Wochen wird ein knapper Ausgang erwartet. Umfragen zufolge hat Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu von der CHP gute Chancen, Präsident Recep Tayyip Erdoğan nach 20 Jahren an der Macht abzulösen. Der Präsident hat seit der Einführung eines Präsidialsystems 2018 weitreichende Befugnisse.

Präsident fällt in Umfragen ab: Ist Erdoğans Ende bereits besiegelt?

Das Parlament ist dagegen geschwächt. Die HDP ist die zweitgrößte Oppositionspartei im Parlament. Erdoğan beschuldigt die Partei, ein verlängerter Arm der PKK zu sein, die in der Türkei, der EU und den USA verboten ist. Die HDP weist diese Anschuldigung zurück, tut sich aber auch schwer, sich glaubhaft von der Terrororganisation zu distanzieren.

HDP-Sprecherin Ebru Günay erklärte, die Operation stehe im Zusammenhang mit der Angst vor einer Wahlniederlage von AKP und MHP und kündigte an: „Wir werden sie uns am 14. Mai vorknöpfen.“

dpa/dtj