Panorama
Marmara-Region: 15 Jahre nach der Katastrophe
Vor 15 Jahren starben mehr als 17 000 Menschen infolge des Erdbebens in der Marmara-Region. Die Wahrscheinlichkeit weiterer Beben in der Region liegt bei jährlich drei Prozent. Ein Risikofaktor ist immer noch die mangelhafte Bausubstanz. (Foto: dha)
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In diesen Tagen wird in der nordwesttürkischen Marmara-Region eine Reihe von Veranstaltungen zum Gedenken an die Opfer der Erdbebenkatastrophe abgehalten, die vor 15 Jahren das Land erschütterte und mit mehr als 17 000 Toten die schlimmste Katastrophe dieser Art in der jüngeren Geschichte des Landes war.
In der Stadt Gölcük am südlichen Ufer des Marmarameeres, welche das Epizentrum des Bebens war, warfen Menschen um 3.02 morgens, exakt jener Zeit, da sich die Katastrophe ereignete, Blumen ins Meer und legten einen Kranz am Erdbeben-Mahnmal nieder.
Das Erdbeben des Jahres 1999, das einen Wert von 7,4 auf der Richterskala erreichte, tötete insgesamt 17 480 Menschen in der am stärksten industrialisierten und am dichtesten bevölkerten Region des Landes. Mehr als 285 000 Gebäude wurden beschädigt, mehr als 600 000 Menschen wurden obdachlos. Das Beben dauerte 45 Sekunden an.
An den Zeremonien nahmen unter anderem der Minister für Wissenschaft, Industrie und Technologie, Fikri Işık, der Gouverneur von Bursa, Münir Karaloğlu, der Abgeordnete für Kocaeli, İlyas Şeker von der Adalet ve Kalkınma Partisi (Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung; AKP), der Bürgermeister von Gölcük, Mehmet Ellibeş und der Vorsitzende des Nationalen Erdbebenbeobachtungszentrums, Dr. Doğan Kalafat, teil.
Kohlengas-Leck unter dem Marmarameer
Kalafat beklagte, dass das Erdbeben und seine fürchterlichen Folgen unter jungen Menschen in Vergessenheit geraten seien und rief dazu auf, mehr Anstrengungen zu unternehmen, um diese über die Gefahren von Erdbeben aufzuklären. Auch wies er darauf hin, dass der Zustand der betroffenen Gebäude mehr an Schaden hinterlassen hätte als das Erdbeben selbst. „Die Menschen sollten Erdbeben als Naturereignisse betrachten, die eintreten werden, ebenso wie Regen und Schnee, und sie sollten ihre Häuser angemessen darauf vorbereiten“, so Kalafat.
Ellibeş wiederum mahnte die Menschen dazu, eher auf die Stärke des Gebäudes als auf die Ästhetik der Wohnung zu achten, wenn sie ein Haus kaufen. Er unterstrich auch, dass „müde“ Häuser ein Gefahrenfaktor seien, die das Erdbeben überstanden hätten und seither in Gebrauch geblieben seien. „Wir müssen hinsichtlich dieser Häuser eine Entscheidung treffen“, betonte der Bürgermeister. „Wir müssen die zuständigen Institutionen einschalten und testen, ob die Gebäude weitere Beben überstehen könnten.“
Unterdessen bezifferte der Präsident der Erdbeben-Beobachtungsstelle in Kandilli, Prof. Dr. Mustafa Erdik, während einer weiteren Zeremonie am 17. August die jährliche Wahrscheinlichkeit für weitere schwere Erdbeben in Istanbul auf drei Prozent. Er wies darauf hin, dass Einschätzungen seiner Institution zufolge etwa 30 000 Gebäude zusammenfallen werden, sollte ein größeres Erdbeben Istanbul heimsuchen.
Erdik bestritt jedoch, dass das Kohlengas-Leck unter dem Marmarameer, das seit einigen Jahren auftritt, ein Anzeichen für ein bevorstehendes Erdbeben sei. „Das Leck wurde erstmals nach dem Beben von 1999 bemerkt“, betonte Erdik. „Wir beobachten es und es ist kein neues Phänomen. Es ist kein Vorzeichen für ein Erdbeben. Wir wissen, dass Erdbeben unabhängig davon entstehen. Es hat keine Auswirkungen darauf.“
Erst im Mai erschütterte ein schweres Beben und mehrere Nachbeben die Ägäis sowie große Teile des östlichen Mittelmeeres und der Balkanhalbinsel.