Politik

Millionen aus Brüssel für Erdoğans Stiftungen: EU fördert AKP-nahe Organisationen

  • November 11, 2025
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Millionen aus Brüssel für Erdoğans Stiftungen: EU fördert AKP-nahe Organisationen

Trotz massiver Kritik an Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechten in der Türkei haben EU-Institutionen seit 2014 mehr als vier Millionen Euro an Organisationen überwiesen, die eng mit Präsident Erdoğan und seinem Umfeld verbunden sind. Darunter Stiftungen, in deren Führung Mitglieder der Präsidentenfamilie sitzen – und sogar eine Organisation mit Verbindungen zur Hamas.

Europäische Institutionen attestieren der Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan regelmäßig erhebliche Defizite in Bereichen wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten. Auch Korruption und Vetternwirtschaft im Umfeld der AKP-Regierung sind keine Phänomene, die Entscheidungsträgern in der EU bislang verborgen geblieben wären.

Dennoch fördert die EU auch Organisationen, die eng mit dem Regierungsapparat in Ankara verzahnt sind, mit teilweise sechsstelligen Summen. Wie eine Anfrage des EU-Abgeordneten Moritz Körner (Renew), über die in der „Frankfurter Rundschau“ berichtet wurde, zutage förderte, gingen seit 2014 mehr als vier Millionen Euro aus Brüssel an Organisationen aus dem Erdoğan-Netzwerk.

SETA: Sechsstellige Zuwendungen – für Kampagnen gegen Erdoğan-Kritiker

Die meisten der Empfänger kommen aus den Bereichen Jugend, Kultur und Sport. Aber auch die umstrittene Hilfsorganisation IHH, deren deutscher Zweig seit 2012 rechtskräftig wegen Hamas-Nähe verboten ist, erhielt 102.438 Euro. Der staatliche Kanal TRT, der sich in den letzten zehn Jahren mehr und mehr zum Propagandasender entwickelt hat, und die SETA-Stiftung erhielten ebenfalls mehr als 100.000 Euro über Förderprogramme wie „Erasmus+“ oder „Europäisches Solidaritätskorps“.

Der Think-Tank SETA liefert unter anderem „Expertisen“ und lanciert Kampagnen gegen Oppositionelle. Von den 126.951 Euro, die SETA erhielt, stammten 90 Prozent aus den genannten EU-Förderprogrammen. Die „wissenschaftliche“ Einrichtung soll in zahlreichen Fällen auch gezielte Kampagnen gegen Journalisten geführt haben, die als regierungskritisch gelten. In einigen der begünstigten Organisationen sitzen direkt mit Erdoğan oder dessen Kindern verwandte oder verschwägerte Personen in Führungspositionen.

Mit 1.013.138 Euro hat die TÜGVA das größte Stück vom Kuchen abbekommen. Die „Türkische Jugendstiftung“ hatte einem Bericht der „Cumhuriyet“ zufolge infolge ihrer Loyalität zur Führung in Ankara ein knapp 8.500 Quadratmeter großes Grundstück in Istanbul unentgeltlich für 49 Jahre zur Nutzung überlassen bekommen. Darauf sollen sich ein Kulturzentrum, eine Moschee und ein Internatsgebäude befinden.

„Allahu Akbar“-Rufe und Wolfsgrüße an der Ayasofya

Bereits zwei Jahre zuvor hatte der Staat der TÜGVA ein Studentenwohnheim überlassen, das zuvor beschlagnahmt worden war. Es hatte einem Gülen-nahen Verein gehört, den man nach dem Putschversuch verboten hatte. Im Juli 2024 hatte TÜGVA eine Zusammenkunft von rund 7.000 Schülern aus allen Provinzen zu einem gemeinsamen Gebet in die Ayasofya-Moschee organisiert. In Aufnahmen, die in sozialen Medien zu sehen waren, waren „Allahu Akbar“-Rufe zu hören, einige Teilnehmer zeigten den „Wolfsgruß“.

Die TÜRGEV erhielt 773.315 Euro. Erdoğan selbst hatte die „Stiftung für Jugend- und Bildungsdienste der Türkei“, die zuvor İSEGEV hieß, gegründet. Sein Sohn Bilal, der im Vorstand der Stiftung sitzt, gilt als der eigentliche Entscheidungsträger in der Organisation. Als Zuwendungen an die Stiftung deklarierte Mittel – unter anderem aus Saudi-Arabien – sollen teilweise direkt auf das Konto von Bilal Erdoğan geflossen sein. Dies zu einem Zeitpunkt, da noch keine offizielle Verbindung zwischen beiden bestand. Schon 2014 berichtete auch der „Spiegel“ über Korruptionsvorwürfe.

Auch 2025 griffen Erdoğan-nahe Organisationen wieder zu

Über bislang 554.058 Euro konnte sich die Dünya Etnospor Konfederasyonu (Weltweiter Verband des Ethnosports) freuen. Auch dort mischt Bilal Erdoğan mit – als Präsident. Offiziell befasst sich die Vereinigung mit der Bewahrung und Pflege traditioneller Sportarten und Spiele. Allerdings sollen sich auch dort die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Vereins- und Staatspräsident gelohnt haben. So prangerte die oppositionelle CHP an, dass ein Teil des für die Bebauung freigegebenen und entsprechend wertvollen Geländes des Çekmeköy-Kasernenkomplexes in Istanbul kurzerhand an die vom Präsidentensohn geleitete Organisation gegangen sein soll.

Auch in diesem Jahr sollen sich TÜGVA und TÜRGEV bereits über die nationale Agentur Mittel aus den EU-Förderprogrammen gesichert haben. Am 1. August, dem Tag, an dem die Zuschüsse ausbezahlt wurden, konnte sich TÜRGEV 251.531 Euro sichern. TÜGVA kam auf 194.454 Euro.

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