NaDiRa-Bericht 2025: Rassismus in Deutschland weiter weit verbreitet

Archivfoto: Pegah Edalatian (von l. nach r., Grüne), die Migrationsforscherin Naika Foroutan, Ferda Ataman, Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, und Serpil Midyatli (SPD), stehen bei einem Vernetzungstreffen von Politikerinnen und Politikern mit Migrationsbiografie im Willy-Brandt-Haus zusammen. Foto: Annette Riedl/dpa
Der neue Bericht des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors offenbart: Rassistische Einstellungen sind in Deutschland weiterhin weit verbreitet – insbesondere in subtiler Form. Besonders betroffen sind Muslime, Schwarze, Sinti und Roma sowie Menschen mit asiatischen und osteuropäischen Wurzeln. Die gesellschaftlichen Folgen sind gravierend.
Der Nationale Diskriminierungs- und Rassismusmonitor (NaDiRa) hat in der Vorwoche seinen Bericht über das Jahr 2025 der Öffentlichkeit präsentiert. Er trägt den Titel „Verborgene Muster, sichtbare Folgen. Rassismus und Diskriminierung in Deutschland„. Dafür wurden zwischen 2022 und 2024 Daten erhoben. Insgesamt hat das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) fast 30.000 Personen mit und ohne sogenannten Migrationshintergrund befragt.
Rassismus erfährt in Krisenzeiten eine zunehmende Normalisierung
Die Ergebnisse der Erhebung sind beunruhigend. So sind rassistische Einstellungen innerhalb der Bevölkerung nach wie vor weit verbreitet. Dies gilt insbesondere für moderne Formen des Rassismus, die weniger subtil und direkt zutage treten. Etwa 22 Prozent der Befragten stimmen unter anderem der Aussage zu, Minderheiten hätten in den vergangenen Jahren wirtschaftlich stärker profitiert, als ihnen zustünde.
Dass die Betroffenen es mit ihren Forderungen nach Gleichberechtigung übertreiben, finden 23 Prozent. Rassismus, so die Schlussfolgerung von DeZIM, sei nicht nur ein individuelles Phänomen. Es sei vielmehr ein strukturelles Problem, das massive Folgen für Betroffene habe. Ganze Gruppen seien dadurch systematisch in ihrer Teilhabe eingeschränkt – über fast alle gesellschaftlichen Bereiche hinweg.
Zunehmende Polarisierung, die politische Krisensituation und wirtschaftliche Unsicherheit tragen dem Bericht zufolge dazu bei, dass rassistische Einstellungen Anschluss finden. Rechtsextreme Denkmuster und Narrative erführen gleichzeitig eine Normalisierung.
Afro-Europäer und Muslime besonders häufig betroffen – vor allem Frauen
Vor allem rassistisch markierte Personen bekommen die Entwicklung zu spüren. Mehr als die Hälfte der Betroffenen, nämlich 54 Prozent, hatten 2024 eigenen Angaben zufolge mindestens einmal im Monat Diskriminierung erfahren. Gleiches traf auch auf 32 Prozent der Menschen zu, die keiner dieser Gruppen angehören.
Am häufigsten sind Muslime und Afro-Europäer von Diskriminierung betroffen. Muslimische Frauen und Schwarze beiderlei Geschlechts machten zu mehr als 60 Prozent regelmäßig solche Erfahrungen. Auch unter osteuropäischen Frauen machten 55 Prozent entweder subtile oder offenkundige Diskriminierungserfahrungen. In überdurchschnittlicher Weise sind davon vor allem Angehörige der Community der Sinti und Roma betroffen. Aber auch Deutsche mit Migrationsgeschichte und Menschen mit asiatischen Wurzeln werden zu 40 und mehr Prozent regelmäßig diskriminiert.
Der primäre Diskriminierungsgrund für betroffene Afro-Europäer ist in bis zu 84 Prozent der Fälle die Hautfarbe, bei asiatischen Menschen bis zu 52 Prozent. Bei Muslimen ist es – in bis zu 51 Prozent der Fälle – die Religion. Ergänzende Studien der Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) machen zudem deutlich, dass es systematische Diskriminierungen von Kindern der Roma-Community im Bildungsbereich gibt. Dies äußere sich in ungerechtfertigten Zuweisungen auf Förderschulen, Segregation durch sogenannte „Willkommensklassen“ und regelmäßigen verbalen sowie physischen Angriffen.
Lichtblick: Muslime häufiger frei von rassistischen Einstellungen
Zudem werden bis zu 55 Prozent der muslimischen und asiatischen Befragten dafür benachteiligt, dass sie als „nicht deutsch“ wahrgenommen werden. Diese Umstände verdeutlichen, so der Bericht, dass Diskriminierungserfahrungen „nicht zufällig, sondern anhand rassistischer Zuschreibungen erfolgen“.
Bei Betroffenen führt regelmäßige Diskriminierung zu psychischen Belastungen, unter anderem Depressionen und Angststörungen. Aber auch die Gesellschaft insgesamt leidet unter der Normalisierung rassistischer Denk- und Verhaltensmuster. Sie schwächen auch das Vertrauen in das gesellschaftliche Miteinander und in staatliche Institutionen.
Die Zustimmung zu rassistischen Aussagen verharrte über den Zeitraum von 2022 bis 2024 auf einem konstanten Niveau. Immerhin zeigten muslimische Befragte jedoch eine positive Entwicklung: Der Anteil derjenigen, die keiner rassistischen Einstellung zustimmen, ist dem Bericht zufolge von 43 Prozent im Jahr 2022 auf 51 Prozent gestiegen.
Rassismus-Bericht soll fortan jährlich erscheinen
Der NaDiRa-Monitoringbericht soll ab jetzt jährlich erscheinen. Er liefert eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für die politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Rassismus und Diskriminierung in Deutschland. Das Projekt wird seit 2025 durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.