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Neue Gaza-Offensive – Israel reagiert auf internationalen Druck

  • Mai 21, 2025
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Neue Gaza-Offensive – Israel reagiert auf internationalen Druck

Israel hat eine neue Militäroffensive im Norden des Gazastreifens gestartet. Während Bodentruppen Tunnelanlagen der Hamas zerstören, signalisiert die Terrororganisation in Doha Gesprächsbereitschaft. Doch die humanitäre Lage bleibt kritisch – trotz des Einlenkens der israelischen Regierung.

Am Samstag haben die israelischen Streitkräfte (IDF) im Norden von Gaza eine neuerliche Militäroffensive gestartet. Wie ein Sprecher mitteilte, haben Truppen der Nördlichen Brigade der Armee zusammen mit der Spezialeinheit Yahalom Infrastruktur der Hamas zerstört und Dutzende Kämpfer eliminiert. Auch ein zwei Kilometer langer Tunnel sei zerstört worden. Über zivile Opfer gibt es keine unabhängig verifizierbaren Angaben. Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium spricht von 153 Todesopfern in den vergangenen 24 Stunden. Diese Angaben unterscheiden jedoch nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten.

Hamas signalisiert in Doha Gesprächsbereitschaft

Israels Verteidigungsminister Israel Katz sagte gegenüber „Jerusalem Post“, die Offensive habe dazu geführt, dass die Delegation der Hamas in Doha ihre Bereitschaft erklärt habe, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Dies stelle einen „Kontrast zu ihrer bisher unkooperativen Position“ dar, so Katz.

Gegenüber Reuters bestätigte der führende Hamas-Kader Taher al-Nono, es sei eine neue Gesprächsrunde in Doha auf dem Weg. Beide Seiten wollen alle Themen „ohne Vorbedingungen“ diskutieren. Es geht dabei vor allem um eine Waffenruhe und das Schicksal von mindestens 21 noch lebenden Geiseln, die sich seit dem Überfall der Hamas auf israelische Grenzregionen am 7. Oktober 2023 noch in deren Gewalt befinden sollen.

Anfang Mai hatte Israels Sicherheitskabinett angekündigt, seine Militäroperation massiv auszuweiten und die vollständige Kontrolle über Teile von Gaza herzustellen, sollte es bis zum Ende der Nahostreise von US-Präsident Donald Trump keine signifikanten Fortschritte geben. Am Freitag hatte Trump seine Besuchsreise durch Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar beendet. Israel hatte eine 45-tägige Waffenruhe im Austausch gegen die Freilassung von zehn Geiseln angeboten.

Humanitäre Lage in Gaza spitzt sich zu – Kritik auch aus den USA

Die Ankündigung einer weiteren Militäroffensive und der Herstellung israelischer Kontrolle über Teile des 2005 an die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) übergebenen Küstenstreifens hatte Befürchtungen über eine Verschärfung der humanitären Lage genährt. Am Mittwoch hatte Ben Cohen, der Mitgründer der bekannten Lebensmittelmarke Ben & Jerry’s, ein Hearing des US-Senats mit Gesundheitsminister Robert F. Kennedy jr. unterbrochen.

Zusammen mit weiteren Aktivisten hatte er auf diese Weise seinem Protest gegen US-Waffenlieferungen an Israel und die humanitäre Situation in Gaza Ausdruck verliehen. Der Kongress, so Cohen, „tötet arme Kinder in Gaza, indem er Bomben kauft und gleichzeitig hier Kinder aus der Medicaid-Versorgung wirft“. Der Ordnungsdienst des Senats führte ihn und seine Begleiter ab. Ihm drohen nun Bußgelder für „Zusammenrottung, Obstruktion und Störung“. Neben ihm wurden sechs weitere Positionen festgenommen. Einige davon sollen BBC zufolge auch einen Polizeibeamten angegriffen haben.

In Deutschland forderte „Spiegel“-Redakteurin Juliane von Mittelstaedt den deutschen Außenminister Johann Wadephul dazu auf, Israels Regierung „ins Gewissen zu reden“. Diese plane, den Gazastreifen „langfristig zu besetzen“ und „die Bevölkerung zu vertreiben“. Die „Tötung von Kindern“ müsse aufhören und „die Blockade enden“.

Zivile Opfer und Schutzschild-Vorwürfe – internationale Kritik wächst

Die USA und die UNO hatten zuletzt konkurrierende Vorschläge über eine Sicherstellung von Hilfslieferungen nach Gaza vorgelegt. Der UNO zufolge könnten es eigenen Angaben zufolge 160.000 Paletten mit Hilfsgütern sofort in das Krisengebiet schaffen. Israel hatte vor 75 Tagen schärfere Kontrollen solcher Lieferungen angeordnet. Organisationen wie UNICEF machen Israel für eine verschärfte Versorgungssituation und eine drohende Hungerkatastrophe verantwortlich. Die Regierung in Jerusalem beschuldigt demgegenüber Hamas, sich Hilfsgüter anzueignen und gegenüber Zivilisten zurückzuhalten, um durch eine Verschärfung der humanitären Lage die internationale Stimmung gegen Israel zu wenden. Am Montag gab die israelische Regierung allerdings nach und erlaubt fortan wieder Hilfslieferungen.

Seit Beginn der israelischen Offensive gegen die Hamas infolge des Massakers vom 7. Oktober 2023 sollen mehr als 53.200 Menschen in Gaza getötet worden sein. Auch hier stammen die Zahlen vom Hamas-kontrollierten Gesundheitsministerium in Gaza. Kritiker der Militäroffensive geben zu bedenken, dass Angriffe auf ein dicht besiedeltes Territorium eine hohe Anzahl an zivilen Opfern als unvermeidbar erscheinen lassen. Israel wirft der Hamas vor, sich hinter der Zivilbevölkerung zu verstecken und gezielt Schulen, Krankenhäuser oder andere zivile Einrichtungen als Unterschlupf und Waffenlager zu missbrauchen.

Wie „Newsweek“ schreibt, übte die NGO Human Rights Watch erstmals 2006 nach der Machtübernahme der Hamas in Gaza Kritik an der Verwendung „menschlicher Schutzschilde“. Deren Führer wie Ismail Haniye hätten diese als „wunderbare Heldentat der Beharrlichkeit und des gewaltlosen Widerstands“ gepriesen. Die Hamas soll auch mehrfach Evakuierungen verhindert haben, wenn israelische Streitkräfte Zivilisten über bevorstehende Angriffe in Kenntnis setzen. Andererseits heißt es von Bewohnern des Gazastreifens auch, dass Warnungen die potenziell Betroffenen nicht jedes Mal verlässlich oder viel zu kurzfristig erreichen.

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