Gesellschaft
Polizei stürmt Wohnung: Deutsch-Türke nach mutmaßlicher Verwechslung schwer verletzt
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Donnerstagmorgen, Monheim am Rhein in Nordrhein-Westfalen. Polizei-Razzia. Das SEK stürmt die Wohnung des 25-jährigen Ercan T. Das Problem: Es handelt sich mutmaßlich um eine Verwechslung. Der Deutsch-Türke erlitt bei der gewaltsamen Durchsuchung schwere Verletzungen, darunter einen gebrochenen Wangenknochen, und muss ins Krankenhaus. Wurde T. mit einer anderen Person verwechselt, die in kriminelle Aktivitäten des Rockermilieus verwickelt sein soll? Die Polizei sagt klar: Nein!
Am Samstag gab es in der Uniklinik Düsseldorf hohen diplomatischen Besuch. Der türkische Minister für Arbeit und soziale Sicherheit, Vedat Ișıkhan, besuchte den verletzten Monheimer Ercan T. im Krankenhaus. Mit in der Trickkiste hatte Ișıkhan Genesungswünsche des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Gegenüber der anwesenden türkischen Presse nutzte Ișıkhan die Gelegenheit, um den zunehmenden Rechtsruck und Rassismus in Europa zu kritisieren.
Traumatisch: SEK um 4 Uhr morgens
Der Vorfall soll sich am Donnerstag um 4 Uhr morgens zugetragen haben, als das Spezialeinsatzkommando (SEK) die Eingangstür sprengte und die Wohnung von Ercan T. stürmte. T. und seine Ehefrau wurden im Schlafzimmer überrascht, der völlig verdutzte T., so schildert er es später, sei mit unverhältnismäßiger Gewalt zu Boden gebracht worden. Laut Angaben seines Vaters, Fatih T., erlitt der 25-Jährige so schwere Verletzungen, dass eine Operation erforderlich ist, diese soll Anfang Juli erfolgen. Die Polizei berichtete in ihrer Stellungnahme hingegen nur von leichten Verletzungen, die von einem Arzt untersucht wurden.
T. und seine Ehefrau sind durch den Einsatz schwer traumatisiert. Der Vater betont, dass sein Sohn nie in illegale Aktivitäten verwickelt gewesen sei und fälschlicherweise für eine andere Person namens Ercan gehalten wurde, die tatsächlich in der Nähe wohne und in mehrere Gewalttaten verwickelt sei. Im Durchsuchungsbeschluss soll zu lesen sein, dass T. im Verdacht stehe, eine gefährliche Körperverletzung begangen zu haben, was er vehement bestreitet.
Polizei bestreitet Verwechslung und sieht keine Fehler
Anwalt Yalçın Tekinoğlu kündigte rechtliche Schritte gegen die beteiligten SEK-Beamten, den zuständigen Staatsanwalt und den Richter an, der den Durchsuchungsbeschluss genehmigte. Tekinoğlu zufolge wurden seinem Mandant die Handschellen erst abgenommen, nachdem er erklärt habe, dass er bei der Bundespolizei als Sicherheitsmitarbeiter tätig und kein Krimineller aus dem Rockermilieu sei.
Frau ohne Kopftuch fotografiert
Ein weiterer Aufreger rund um den Fall ist, dass die Frau von T. im Zuge der Stürmung trotz ausdrücklicher Bitte ohne Kopftuch fotografiert worden sein soll. Zudem soll T. unmittelbar nach dem Übergriff angeboten worden sein, sich hinzulegen und Wasser zu trinken, was den Eindruck erwecke, dass die Beamten zu diesem Zeitpunkt bereits gewusst haben dürften, dass sie einen Fehler gemacht hatten. Die Polizei Düsseldorf bestritt jedoch jegliches Fehlverhalten und erklärte, es sei keine „falsche“ Person durchsucht worden.
Der Vorfall wirft erneut Fragen zur Arbeits- und Vorgehensweise der Polizei auf. Insbesondere im Kontext von rassistischer Diskriminierung.