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Schlappe für Erdoğan in Brasilien: Geschäftsmann wieder frei

  • Mai 10, 2025
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Schlappe für Erdoğan in Brasilien: Geschäftsmann wieder frei

Ein Justizfehler hat den türkisch-brasilianischen Unternehmer Mustafa Göktepe kurzfristig in brasilianische Auslieferungshaft gebracht. Nun ist er wieder frei. Der Fall offenbart erneut die politische Dimension türkischer Auslieferungsanträge im Ausland – und endet mit einer juristischen Schlappe für Ankara.

Wie die Zeitung „PlatôBR“ am Dienstag berichtete, hat der Generalstaatsanwalt von Brasilien die Freilassung des türkisch-brasilianischen Unternehmers und Philanthropen Mustafa Göktepe veranlasst. Der 47-Jährige war am 30. April in São Paulo festgenommen worden. Die Türkei hatte die Auslieferung gefordert. Ursprünglich sollte Göktepe bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshofs in Auslieferungsgewahrsam bleiben.

Solidarität für Göktepe sogar vom Ex-Präsidenten von Brasilien

Nun steht der Fall vor dem Aus – und der Unternehmer kann möglicherweise sogar mit einem Entschuldigungsschreiben vonseiten des Justizministeriums rechnen. Das Ministerium räumte ein, einen Fehler gemacht zu haben, der wahrscheinlich von Anbeginn an eine Einstellung des Verfahrens nach sich gezogen hätte.

Die Türkei forderte die Auslieferung Göktepes wegen dessen Einsatzes für die Gülen-Bewegung. Der seit knapp zwei Jahrzehnte in Brasilien wohnhafte Familienvater ist Vorsitzender des Instituto Pelo Dialogo Intercultural. Diese brasilianische Vereinigung setzt sich für den interkulturellen Dialog ein. Göktepes Festnahme hatte unter anderem Proteste des Verbandes der jüdischen Gemeinden in Brasilien (CONIB) ausgelöst. Auch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens bis hin zum Altpräsidenten Fernando Henrique Cardoso hatten Stellungnahmen ans Gericht geschickt, in denen sie sich für Göktepe einsetzten.

Brasilien: Geschäftsmann Mustafa Göktepe festgenommen – Türkei fordert Auslieferung

Verfassung hätte Auslieferung in jedem Fall verhindert

Ankara warf ihm aufgrund seiner Hizmet-Aktivitäten die Zugehörigkeit zu einer „kriminellen Organisation“ vor. So hatte man gehofft, die Hürden der brasilianischen Verfassung umschiffen zu können. Diese schließt die Auslieferung eigener Staatsbürger aus. Lediglich eingebürgerte Brasilianer dürfen ausgeliefert werden, wenn sie Verbrechen beschuldigt werden, die vor ihrer Einbürgerung stattgefunden haben sollen. Und selbst dann wäre dies nur möglich, wenn es um kein politisches Delikt geht.

Die Türkei beschuldigt Göktepe, Teil einer Nachrichtengruppe beim Messenger ByLock gewesen zu sein. Dessen Benutzung gilt der türkischen Justiz als Beweis für eine Mitgliedschaft in der Gülen-Bewegung, die dort als „Fethullahistische Terrororganisation“ (FETÖ) bezeichnet wird.

Die ByLock-App wurde erstmals 2014 in App-Stores angeboten. Die Nachrichtengruppe, der der Geschäftsmann angehört hatte, wurde 2017 ins Leben gerufen. Die Einbürgerung von Göktepe in Brasilien erfolgte jedoch bereits 2012. Damit war eine Auslieferung von vornherein durch die Verfassung ausgeschlossen. Allerdings hatte das Justizministerium vergessen, diesen Umstand dem zuständigen Verfahrensrichter des Obersten Gerichtshofs (STF), Flávio Dino, mitzuteilen. Der Fehler wurde am Freitag vergangener Woche korrigiert.

Regierung Erdoğan in Brasilien zum dritten Mal mit Auslieferungsantrag gescheitert

Mit der Aufklärung dieses Verfahrenshindernisses steht die Regierung Erdoğan in Brasilien vor ihrer dritten großen Niederlage in ihrer Verfolgungskampagne gegen die Gülen-Bewegung. Im Jahr 2019 wurde der Auslieferungsantrag gegen Göktepes Geschäftspartner Ali Sipahi abgeschmettert. Drei Jahre später scheiterte ein Auslieferungsbegehren gegen den Geschäftsmann Yakup Sagar.

Mit ihrer Einschätzung, bei der Gülen-Bewegung handele es sich um ein „terroristische“ oder „kriminelle“ Organisation, steht die Türkei in der Welt weitestgehend alleine da.

Seit im Dezember 2013 Korruptionsermittlungen im Umfeld der Regierung stattgefunden hatten, hat der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan die Bewegung zum Universal-Sündenbock für Missstände im Land erklärt. Die politische Absicht Ankaras hinter den Auslieferungsbegehren wird von anderen Ländern regelmäßig erkannt – und deshalb scheitern sie regelmäßig.

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