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Panorama

Schweres Zugunglück in Griechenland: Minister räumt „Fehler des Staates“ ein

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Nach dem verheerenden Frontalzusammenstoß zweier Züge gibt es massive Vorwürfe gegen den staatlichen Bahnbetreiber. Die Zahl der Toten steigt derweil weiter. Verkehrsminister Kostas Karamanlis trat schon am Mittwoch zurück.

Trauer und Entsetzen herrschen in Griechenland nach dem schweren Zugunglück mit mindestens 57 Toten. Nun kommen grausame Details zu Tage: die Familie, die bei der Kollision zweier Züge in der Nacht zum Mittwoch drei junge Töchter verlor; die Elternpaare, die noch verzweifelt auf die Identifizierung der Leichen warten, um Gewissheit zu erhalten.

Die Opfer sind zum Teil völlig verbrannt und können nur per DNA-Analyse identifiziert werden. Deshalb wird auch damit gerechnet, dass die Zahl der Toten noch weiter steigt. Gleichzeitig häufen sich die Vorwürfe an den Staat und die staatliche Bahngesellschaft. Das elektronische Leitsystem soll seit 20 Jahren kaum mehr funktioniert haben.

„Worauf warten Sie noch, um einzugreifen?“

„Was muss noch passieren?“ So steht es in einem Schreiben, das Bahngewerkschafter erst vor drei Wochen an die staatliche Bahngesellschaft und das Verkehrsministerium schickten. Schon wiederholt hatten sie die Zustände schriftlich angeprangert und auch ausführlich die Probleme erklärt.

Demnach funktionierten die Lichtsignale auf der rund 500 Kilometer langen Strecke Athen-Thessaloniki bereits seit vielen Jahren nicht mehr. Auch sei das ETCS (European Train Control System) – das System, das den Zug stoppt, wenn Gefahr droht, und das somit auch vor menschlichem Versagen schützt – außer Betrieb.

Bahnhofsvorsteher übernimmt Verantwortung

Darüber hinaus funktionierten seit nunmehr 15 Jahren die Sicherheits- und Beleuchtungssysteme in den Tunneln nicht vollständig. Das Geständnis des Bahnhofsvorstehers in der Stadt Larisa, der letztlich durch falsche Entscheidungen und Aktionen das Unglück herbeigeführt haben soll, gerät da fast in den Hintergrund.

Der 59-Jährige war gleich am Mittwoch nach dem Unglück festgenommen und unter anderem wegen fahrlässigen Totschlags und fahrlässiger Körperverletzung angeklagt worden. Er gestand Medienberichten zufolge ein, Fehler gemacht und dadurch den Personenzug aufs falsche Gleis geschickt zu haben, so dass dieser auf offener Strecke frontal mit einem Güterzug zusammenstieß.

Gewalttätige Proteste vor Büros der Bahn

Viele Menschen in Griechenland nehmen den Bahnhofsvorsteher als Bauernopfer wahr. Sowohl in Athen als auch in Thessaloniki gab es am Donnerstag Streiks der Eisenbahner sowie zum Teil gewalttätige Proteste vor Büros der Betreibergesellschaft der Bahn, Hellenic Trains.

Diese ist allerdings gar nicht verantwortlich – die Infrastruktur des Netzes liegt in der Hand der staatlichen Gesellschaft OSE. Deren Chef trat bereits zurück. Zuvor hatte Verkehrsminister Kostas Karamanlis bereits seinen Hut genommen. Die aktuelle Regierung habe die griechische Eisenbahn vor dreieinhalb Jahren in einem Zustand übernommen, der nicht ins 21. Jahrhundert passe, teilte Karamanlis am Mittwoch mit.

Minister: Eisenbahn-System nicht modern genug

Man habe seither alles getan, um diesen Zustand zu verbessern. „Leider reichten diese Bemühungen nicht aus, um einen solchen Unfall zu verhindern. Das ist sehr schwer für uns alle und für mich persönlich.“ Wenn so etwas Tragisches passiere, sei es nicht möglich, so weiterzumachen, als sei nichts geschehen.

Er halte es für unabdingbar, dass die Bürger dem politischen System vertrauen könnten. „Aus diesem Grund trete ich vom Amt des Ministers für Infrastruktur und Verkehr zurück.“ Er fühle sich verpflichtet, die Verantwortung für die Fehler des griechischen Staates zu übernehmen, sagte Karamanlis und drückte den Familien der Opfer sein Mitleid aus.

dpa/dtj

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