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Politik

Skandal bei türkischem Lidl-Lieferanten: Was läuft falsch bei Agrobay?

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Das türkische Unternehmen Agrobay liefert die meisten der Tomaten, die es in deutschen Lidl-Supermärkten zu kaufen gibt. Foto: Josephine Baran / Unsplash
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Das türkische Landwirtschaftsunternehmen Agrobay, einer der Hauptlieferanten des deutschen Discounters Lidl, steht in der Kritik. Beschwerden über unmenschliche Arbeitsbedingungen und unrechtmäßige Entlassungen werfen ein Schlaglicht auf die Herausforderungen globaler Lieferketten.

In Izmir droht einem deutschen Handelsriesen Ärger: Seit über fünf Monaten protestieren dort ehemalige Beschäftigte des Landwirtschaftsunternehmens Agrobay. Ex-Angestellte, die für den Anbau der in deutschen Lidl-Märkten verkauften Tomaten zuständig waren, traten eine Klageflut los. Ihre Vorwürfe: unzumutbare Arbeitsbedingungen, Mobbing, Verweigerung grundlegender Rechte sowie unrechtmäßige Kündigungen ohne Entschädigung.

Agrobay, seit 2002 im Geschäft und mit einer Jahresproduktion von 20.000 Tonnen einer der führenden türkischen Agrarproduzenten, exportiert vor allem Tomaten und Paprika nach Deutschland. Lieferungen des Unternehmens gehen aber auch nach Großbritannien, Spanien, Schweden, die Niederlande und Russland. Ein wahres Gemüse-Imperium.

Keine Toilettenpausen und regelmäßige Beleidigungen

Dass Agrobay trotz seiner Größe wenig verantwortungsbewusst mit seinen Angestellten umging, zeigen die vielen Ex-Mitarbeitenden, die seit Monaten vor den Konsulaten der Empfängerländer protestieren. Sie berichten von einem Klima der Erniedrigung und Ausbeutung. Ayten Yavuz, eine der entlassenen Arbeiterinnen, schildert im Gespräch mit der „Deutschen Welle“, dass ihr sogar Toilettenpausen verwehrt worden seien. Auch Beleidigungen seien an der Tagesordnung gewesen.

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Trotz der dutzenden Vorwürfe ging die türkische Polizei hart gegen die Arbeiterinnen und Arbeiter vor. Auch Agrobay versuchte die Demonstrierenden, zumeist Frauen, mit Klagen zum Aufhören zu zwingen. Kein Wunder, stehen die Vorwürfe doch im krassen Kontrast zu Agrobays Eurepgap-Zertifizierung, nach der es in dem Betrieb faire Arbeitsbedingungen gäbe.

Greift das deutsche Lieferkettengesetz bei Lidl nicht?

Der Präsident der landwirtschaftlichen Gewerkschaft Tarım-Sen, Umut Kocagöz, kritisierte das Unternehmen scharf. Mit den Kündigungen wolle Agrobay den Versicherungsschutz umgehen. Für die Vorgänge vor Ort machte er auch Lidl, einen der Hauptabnehmer von Agrobay, mitverantwortlich. Er verwies auch auf das neue Lieferkettengesetz, das seit 2023 deutsche Unternehmen dazu verpflichtet, Menschenrechte und Umweltstandards in ihren Lieferketten zu beachten.

Lidl bestätigte nun, dass es in dem Fall ermittle. Details nannte der Handelsriese nicht. Dennoch wirft die Agrobay-Affäre ein Schlaglicht auf die Verantwortung multinationaler Unternehmen. Außerdem stellt sich die Frage, wie wirksam internationale Standards und Gesetze zum Schutz der Arbeiterrechte sind. Lidl ist nun in der Pflicht, für Aufklärung zu sorgen.