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Susanne Schröter „kaltgestellt“: Wie Islamkritik zur Sackgasse wurde

  • November 3, 2025
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Susanne Schröter „kaltgestellt“: Wie Islamkritik zur Sackgasse wurde

Die Schließung des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam (FFGI) zum 1. Oktober markiert das Ende einer von Kontroversen geprägten Ära.

Unter der Leitung der Ethnologin Prof. Susanne Schröter geriet das Institut immer wieder in die Schlagzeilen – weniger durch bahnbrechende Forschungsergebnisse als durch polemische Debattenbeiträge. Kritische Stimmen werfen Schröter vor, mit populistischen Zuspitzungen den Islam insgesamt unter Generalverdacht zu stellen, anstatt seriöse wissenschaftliche Analysen zu liefern. Unterstützer sehen in ihr zwar eine Mahnerin gegen islamistischen Extremismus, doch die Liste der umstrittenen Aussagen und Veranstaltungen ist lang.

Fragwürdige Thesen und Verschwörungs-Tonfall

In öffentlichen Äußerungen hat Schröter mit teils drastischer Wortwahl von sich reden gemacht. So warnte sie etwa auf der Plattform X vor einem angeblichen „woke-islamistischen Deep State“ in Deutschland – einer vermeintlichen Allianz aus linken und islamistischen Akteuren, die Staat und Gesellschaft unterwanderten. Solche polemischen Begriffe erinnern an das Vokabular von Verschwörungstheoretikern und wurden entsprechend scharf kritisiert. Schröter selbst räumte ein, der Ausdruck sei „polemisch“ gemeint gewesen; dennoch beharrte sie darauf, dass es derartige vernetzte Strukturen gebe. Belege für einen geheimen „Deep State“ blieb sie schuldig.

Auch in anderen Aussagen neigt Schröter zu pauschalen Erklärungen komplexer Probleme. Nach den sexualisierten Übergriffen in der Kölner Silvesternacht 2015/16 etwa orakelte sie über das angeblich problematische Frauenbild vieler Muslime als Ursache. Eine solche Verkürzung – die Taten einzelner Krimineller mit der Kultur einer ganzen Religionsgemeinschaft zu erklären – sehen viele als unverantwortlich an. Islamverbände und muslimische Vertreter kritisierten damals vehement, dass hier Millionen friedliche Muslime unter Generalverdacht gestellt würden.

Schröter sicher: Hala-Essen Zeichen von Islamisierung

Ein weiteres Beispiel ist Schröters Hang, gesellschaftliche Veränderungen alarmistisch aufzuladen. In einem Kommentar listete sie beispielsweise Fälle auf, die sie als Indiz einer schleichenden Islamisierung wertet: In Schulen gebe es Mobbing durch strenggläubige Schüler, Kantinen böten Halal-Essen an, Versandhäuser verkauften Ganzkörperverschleierungen für kleine Mädchen. Kritiker wenden ein, dass solche Phänomene differenziert betrachtet werden müssten – Halal-Mahlzeiten in Kantinen etwa sind Ausdruck von Vielfalt, kein Beleg für islamistische Unterwanderung. Schröters Interpretation solcher Alltagsdinge als Vorboten einer „islamistischen Herausforderung“ wirkt überzogen und ideologisch gefärbt.

Gerade die undifferenzierte Gleichsetzung von Islam und Islamismus zählt zu den Hauptvorwürfen gegen Schröter. Beobachter aus der Wissenschaft und Zivilgesellschaft merken an, dass Schröter und Gleichgesinnte den Begriff „politischer Islam“ als Kampfbegriff nutzen, ohne klarzustellen, dass dies nicht für den Islam insgesamt gilt. Diese fehlende Trennschärfe befördert Vorbehalte gegen die muslimische Bevölkerung im Allgemeinen.

FFGI-Konferenzen oft tendenziös und einseitig

Ein Blick auf die Veranstaltungen des FFGI in den vergangenen Jahren unterstreicht diesen Vorwurf. Die Konferenzen waren häufig tendenziös betitelt und einseitig besetzt. So organisierte Schröter 2019 eine Tagung unter dem Titel „Das islamische Kopftuch. Symbol der Würde oder der Unterdrückung?“, zu der fast ausschließlich bekennende Islamkritikerinnen eingeladen wurden. Auch andere FFGI-Events trugen reißerische Titel wie „Zwischen Grundgesetz und Scharia“ oder „Burka und Kalaschnikow“. Solche Formulierungen stellen islamische Glaubenspraxis implizit als inkompatibel mit dem Rechtsstaat dar bzw. assoziieren sie mit Gewalt und Terror.

Muslimische Studierende der Goethe-Universität und Antirassismus-Aktivist:innen protestierten wiederholt gegen diese Tagungen. Sie kritisierten, die Panels seien auffallend einseitig mit islamfeindlichen Referenten besetzt gewesen, die ihren Anti-Islam-Duktus mitunter als vermeintlich feministische oder emanzipatorische Perspektive tarnten. Effektiv jedoch, so der Vorwurf, würden auf diesen Konferenzen antimuslimische Ressentiments normalisiert und salonfähig gemacht.

Zweifel an wissenschaftlicher Fundiertheit und Objektivität

Auch pauschale Aussagen über ganze Bevölkerungen blieben nicht aus. Auf einer FFGI-Konferenz über Afghanistan wurde unwidersprochen behauptet, „die Afghanen“ seien allesamt „extrem verantwortungslose Leute“. Solche pauschalen Abwertungen wurden weder wissenschaftlich relativiert noch auf dem Podium hinterfragt – ein weiteres Beispiel für die Nähe zum Kulturkampf statt zur Forschung.

Angesichts dieser Tendenzen verwundert es kaum, dass Susanne Schröters akademische Arbeitsweise massiv in Zweifel gezogen wird. Das FFGI habe in den elf Jahren seines Bestehens kaum originäre Forschungsbeiträge geliefert, sondern vor allem Debatten angeheizt. Der wissenschaftliche Anspruch wich zunehmend einer öffentlichkeitswirksamen Zuspitzung. Schröter selbst sprach regelmäßig davon, „gesellschaftlich wirken“ zu wollen. Doch dabei geriet das Verhältnis zwischen Forschung und Aktivismus aus dem Gleichgewicht.

In einem offenen Brief warfen über 180 Wissenschaftler:innen Schröter vor, diskriminierende und islamfeindliche Positionen unter dem Deckmantel der Wissenschaft zu verbreiten. Auch innerhalb der Goethe-Universität regte sich zunehmend Kritik an ihrer Außendarstellung. Die Hochschule selbst betonte zuletzt, dass das Zentrum nie strukturell eingebunden war – ein diplomatischer Hinweis darauf, dass Schröter institutionell eher isoliert agierte.

Kaum Akzeptanz in der Fachwelt, dafür sehr präsent in einigen Medien

Zweifel gab es auch an Schröters thematischer Expertise. Als Ethnologin mit regionalem Schwerpunkt Südostasien profilierte sie sich zunehmend als Expertin für den Islam in Europa und dem Nahen Osten – ohne entsprechende Sprachkenntnisse oder Feldforschung. In der islamwissenschaftlichen Fachwelt spielte sie in zentralen Diskursen keine tragende Rolle. Ihre Positionen fanden dagegen verlässlich Resonanz in konservativen und rechtspopulistischen Medien.

Nun ist Schröter ihr Forschungszentrum erst einmal los. Lange sollte es nicht dauern, bis sie wieder öffentlichkeitswirksam in Erscheinung tritt.

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