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Taner Kılıç freigesprochen: Wie der frühere Amnesty-Vorsitzende über den türkischen Rechtsstaat denkt

  • November 11, 2025
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Taner Kılıç freigesprochen: Wie der frühere Amnesty-Vorsitzende über den türkischen Rechtsstaat denkt

Er war Vorsitzender von Amnesty International in der Türkei, saß über ein Jahr im Gefängnis und wurde nach acht Jahren Verfahren freigesprochen. Im Interview mit Amnesty spricht Taner Kılıç über Angst, Hoffnung und die Zukunft der Menschenrechte in seinem Land.

Der frühere Amnesty-Vorsitzende wurde im Juni 2017 festgenommen, nachdem ihm die Nutzung einer verschlüsselten Kommunikations-App vorgeworfen worden war – ein Vorwurf, den er stets bestritt. Trotz entlastender Gutachten blieb er mehr als 14 Monate in Haft. Sein Fall steht exemplarisch für den Erosionsprozess rechtsstaatlicher Prinzipien, der seit dem Putschversuch von 2016 das Vertrauen in die türkische Justiz erschüttert hat.

Haftbedingungen unter dem Ausnahmezustand

Während seiner Haft erlebte Kılıç überfüllte Gefängnisse, eingeschränkten Zugang zu Rechtsbeistand und eine Atmosphäre ständiger Kontrolle. Er beschreibt diese Zustände als Sinnbild einer Justiz, die politische Verfahren ermöglicht, anstatt sie zu verhindern. Der Ausnahmezustand jener Jahre führte dazu, dass grundlegende Rechte wie faire Verfahren oder unabhängige Verteidigung weitgehend eingeschränkt waren.

Nach seiner Freilassung betonte Kılıç, wie entscheidend die Unterstützung internationaler Organisationen, insbesondere von Amnesty International, für seinen Fall war. In einer Zeit, in der er selbst nicht sprechen durfte, sei Amnesty zu seiner Stimme geworden.

Zurück in den Beruf, aber nicht zur Normalität

Heute arbeitet Kılıç wieder als Anwalt im Flüchtlings- und Menschenrechtsbereich. Doch von Entwarnung kann keine Rede sein: Zwar habe die Zahl willkürlicher Verhaftungen abgenommen, doch der Druck auf zivilgesellschaftliche Akteure und kritische Stimmen bleibe bestehen.

Kılıç fordert die türkische Regierung auf, die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen. Selbst in Krisenzeiten müsse das Recht unabhängig, unparteiisch und fair angewendet werden. Nur so könne das Vertrauen in die Justiz erneuert und die Zivilgesellschaft gestärkt werden.

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