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Gesellschaft

Türkeistämmige Kandidaten bei der Bundestagswahl: Wer schafft den Einzug ins Parlament?

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Die deutsche und die türkische Flagge sind an Fahnenmasten vor einer Moschee zu sehen. Foto: picture alliance / Christian Charisius/dpa
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Rund 982.000 Wahlberechtigte in Deutschland haben türkische Wurzeln – ein bedeutender Anteil mit Einfluss auf die Bundestagswahl. Während bekannte Politiker wie Cem Özdemir nicht erneut antreten, bewerben sich zahlreiche neue Kandidaten um ein Mandat. Welche Parteien setzen auf türkeistämmige Politiker, und wer hat die besten Chancen?

Wenn am kommenden Sonntag der neue deutsche Bundestag gewählt wird, sind Schätzungen zufolge etwa 982.000 Wahlberechtigte der türkeistämmigen Community zuzuordnen. Das sind etwa 13,8 Prozent aller Wahlberechtigten mit sogenanntem Migrationshintergrund. Von allen Stimmberechtigten sind es 1,6 Prozent.

Zuletzt waren insgesamt 18 Abgeordnete mit türkischer Einwanderungsgeschichte im Bundesparlament vertreten – so viele wie nie zuvor. Das waren immerhin 2,44 Prozent aller Parlamentarier. Neun von ihnen gehörten der SPD an, vier den Grünen, zwei der Linkspartei, zwei der CDU und eine dem BSW.

Özdemir hat andere Pläne

Einige der 2021 gewählten Parlamentarier werden dem neuen Bundestag nicht mehr angehören. Der prominenteste von ihnen ist Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Er stellt sich nicht mehr zur Wahl, weil er 2026 Winfried Kretschmann als Ministerpräsident von Baden-Württemberg nachfolgen will.

Zwei weitere Grünen-Abgeordnete werden ebenfalls nicht mehr mit dabei sein. Ekin Deligöz war zuletzt als Staatsministerin im Familienministerium tätig. Nun will die Verwaltungswissenschaftlerin, die 2006 die muslimischen Frauen zum Ablegen des Kopftuchs aufgerufen hatte, jüngere Kräfte nachrücken lassen.

Einst für die Grünen, nun für die CDU?

Auch Canan Bayram wird nicht mehr kandidieren. Die ehemals direkt gewählte Abgeordnete des Stimmkreises Berlin-Friedrichshain – Kreuzberg – Prenzlauer Berg Ost verzichtete aus Unbehagen über den Kurs der Partei auf einen erneuten Antritt.

Eine andere, 2021 für die Grünen eingezogene türkeistämmige Politikerin könnte hingegen wieder in den Bundestag kommen – wenn auch unter anderen Vorzeichen. Die wegen Unstimmigkeiten in der Migrations- und Wirtschaftspolitik zur CDU gewechselte Mittelstandspolitikerin Melis Sekmen bewirbt sich für diese um das Direktmandat in Mannheim.

SPD erneut mit meisten Kandidaten aus der türkischen Community

Bei CDU und CSU war Serap Güler zuletzt die einzige türkeistämmige Abgeordnete. Diesmal kandidieren noch weitere Unionsangehörige mit türkischer Einwanderungsgeschichte. Neben Güler und Sekmen machen sich auch Richterin Tijen Ataoğlu, der Unternehmer Sertaç Bilgin und Ali Ertan Toprak von der Kurdischen Gemeinschaft Hoffnungen auf ein Mandat.

Die Wuppertalerin Derya Altunok, die der ultrarechten „Jungen Freiheit“ ein Interview gab, verlor hingegen das Rennen um die Direktkandidatur in Wuppertal gegen Ex-Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang. Mit Platz 58 auf der Zweitstimmenliste wird sie wahrscheinlich nicht im nächsten Bundestag vertreten sein. Demgegenüber wird mit Hülya Düber in Würzburg erstmals auch die CSU eine türkeistämmige Direktkandidatin aufbieten.

Viele Kandidaten wagen den ersten Schritt

Bei der SPD werden der Staatssekretär im Innenministerium, Mahmut Özdemir, und Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoğuz erneut kandidieren. Hingegen ist Cansel Kızıltepe als Arbeitsministerin nach Berlin zurückgekehrt und steht der Bundespolitik nicht mehr zur Verfügung. Auch Takis Mehmet Ali wird nicht erneut kandidieren.

Warum deutsch-türkische Abgeordnete im Bundestag keine „Alibi-Türken“ sind

Zur Wiederwahl in den Bundestag stellen sich auch die bisherigen SPD-Abgeordneten Metin Hakverdi, Hakan Demir, Macit Karaahmetoğlu, Derya Türk-Nachbaur, Nezahat Baradari und Gülistan Yüksel. Erstmals den Einzug wollen Sinem Taşan-Funke, Umut Kurt, Yıldız Härtel, Dr. Ferdi Akaltın, Elvan Korkmaz Emre, Renan Demirkan, Serdar Yüksel, Özge Kadah, Canan Canlı, Nezaket Yıldırım, Handan Güven, Sahime Dirican und Tuna Fırat schaffen.

AfD greift auf zwei türkeistämmige Kandidaten zurück

Die Linkspartei, die sich zuletzt in den Umfragen deutlich steigern konnte, will unter anderem mit Gökay Akbulut und Ateş Gürpınar wieder in den Bundestag einziehen. Weitere türkeistämmige Kandidaten sind Ferhat Koçak, Cansu Özdemir, Cansın Köktürk, Cem İnce und Funda Römer.

Für die Grünen treten Filiz Polat, Ayşe Asar, Alpay Artun, Dr. Samet Yılmaz, Hacer Aydemir und Aslı Küçük als türkeistämmige Kandidaten an. Das BSW ist bislang durch die wegen ihrer PKK-freundlichen Linie umstrittene Sevim Dağdelen im Bundestag vertreten. Auf den Listen der Partei finden sich zudem Eyüp Yıldız, Yasimin Zorlu und Diyar Agu als Kandidaten aus der türkischen Einwanderercommunity.

Die FDP hofft auf einen Schub zum Wiedereinzug in letzter Minute. Ob es für ihre türkeistämmigen Bewerber Ömer Erdoğan, Mahmut Türker, Cem Torun, Ferhat Asi und Akif Yıldız reichen wird, ist ungewiss. Die in Teilen rechtsextremistische AfD nominiert zwei türkeistämmige Direktkandidaten: in Miltenberg Kerim Erdem, in der früheren Republikaner-Hochburg Rosenheim Leyla Bilge. Als Voraussetzung für eine Parteifunktion in der AfD gilt jedoch eine ausgeprägte Islamfeindlichkeit.