Extremismus
Unruhen in Großbritannien: Rechtsextreme streuen nach Tod von Kindern Gerüchte über Muslime
In Großbritannien gibt es seit Tagen Unruhen nach einem tödlichen Messerangriff auf drei Kinder. Fast 400 Personen wurden landesweit festgenommen. Internationale Reaktionen wie die von Elon Musk heizen die Situation weiter an.
In Großbritannien ist es nach dem tödlichen Messerangriff auf drei junge Mädchen in Southport zu einer Woche voller Gewalt gekommen. Bebe King (6), Elsie Dot Stancombe (7) und Alice Dasilva Aguiar (9) waren am vergangenen Montag während einer Tanzveranstaltung erstochen worden. Diese Tat löste weit verbreitete Unruhen aus, die durch falsche Gerüchte, wonach der Täter ein muslimischer Asylbewerber gewesen sei, angeheizt wurden. Laut Polizei wurde der mutmaßliche Täter in Großbritannien geboren. Seine Eltern stammten aus Ruanda.
Die Unruhen breiteten sich auf mehrere Städte wie Belfast, Plymouth und Birmingham aus. Fast 400 Personen wurden festgenommen. In Plymouth und Belfast wurden Polizisten mit Steinen und Brandsätzen angegriffen, während es in Birmingham zu Angriffen auf Fahrzeuge und ein Pub kam. In Rotherham versuchte ein Mob, ein Hotel in Brand zu setzen, in dem Asylsuchende untergebracht waren.
Britische Regierung verstärkt Maßnahmen
Die britische Regierung reagierte mit scharfen Maßnahmen. Premierminister Keir Starmer verurteilte die Ausschreitungen als „rechtsextreme Schlägerei“ und kündigte eine Verstärkung der Strafverfolgung an. Eine spezielle Polizeieinheit wurde gebildet, um weitere Unruhen zu verhindern. Starmer forderte zudem die schnelle Namensnennung der angeklagten Personen und betonte, dass Angriffe auf Moscheen oder muslimische Gemeinschaften nicht toleriert würden.
Neil Basu, ehemaliger Chef der britischen Anti-Terror-Einheit, forderte, die schlimmsten Gewalttaten als Terrorismus zu behandeln. Basu bezeichnete den versuchten Brandanschlag auf das Hotel als „moderne Form des Lynchens“ und sprach sich für lebenslange Haftstrafen aus. „Das ist nichts anderes als ein Versuch eines modernen Lynchmobs, und die Täter sollten lebenslange Haftstrafen erhalten, nicht nur fünf Jahre wegen gewalttätiger Unruhen“, sagte Basu gegenüber dem Guardian.
Gegengewalt von Muslimen
Der andauernde Hass und die Gewalt mündeten gestern in Gegengewalt. Schockierende Aufnahmen zeigen eine Gruppe von Personen, die mit Palästinenserflaggen einen Pub in Birmingham stürmen und einen Mann brutal zusammenschlagen. Die Videos, die online geteilt wurden, zeigen, wie mehrere Männer, viele davon mit Masken oder Gesichtsbedeckungen, vor der „Clumsy Swan“-Bar aufmarschieren. Ein Angreifer schlägt einen Mann nieder und tritt ihn anschließend mehrfach gegen den Kopf, während andere in der Gruppe Fenster des Pubs einwerfen und das Gebäude beschädigen. Die West Midlands Polizei ermittelt wegen des Vorfalls, der sich in der Nähe eines unterbrochenen Live-Berichts von Sky News ereignete. Chief Superintendent Richard North bestätigte, dass es während des Abends mehrere sporadische Straftaten gegeben habe und dass die Polizei verstärkt präsent sein werde, um die Gemeinschaften zu schützen.
Polizei im Dauereinsatz
Die Polizei arbeitet weiterhin daran, die Verantwortlichen zu identifizieren und festzunehmen. In mehreren Städten wurden zahlreiche Verdächtige vor Gericht gestellt. Die National Police Chiefs’ Council warnte, dass die Zahl der Festnahmen weiter steigen könnte. Die BBC berichtete, dass allein in London 111 Personen während einer Demonstration in Whitehall festgenommen wurden.
Internationale Reaktionen folgten schnell. Länder wie Australien und Nigeria warnten ihre Bürger vor Reisen nach Großbritannien. Die Ausschreitungen haben auch Auswirkungen auf den NHS (National Health Service), da sich viele Mitarbeiter aufgrund der Gewalt bedroht fühlen. Amanda Pritchard, CEO des NHS, warnte, dass die Unruhen viele Mitarbeiter des Gesundheitswesens verängstigt hätten.
Musk-Kommentar sorgt für Empörung
Ein Kommentar von Elon Musk zu den Ausschreitungen sorgt derweil für Empörung. Britische Regierungsmitglieder kritisierten einen Post des Multimilliardärs auf seiner Online-Plattform X. Dort hatte Musk als Reaktion auf einen Anti-Migrations-Kommentar und ein Video der Ausschreitungen geschrieben: „Ein Bürgerkrieg ist unvermeidlich.“ Justiz-Staatssekretärin Heidi Alexander nannte diesen Kommentar „völlig unverantwortlich“ und betonte die Notwendigkeit eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Macht solcher Plattformen.
Die Situation bleibt angespannt, da rechtsextreme Gruppen weiterhin zu Protesten und Gewalt aufrufen. Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen wurden ergriffen, um Anwälte und Organisationen, die sich für Migranten einsetzen, zu schützen. Tell Mama, eine Organisation, die Islamophobie in Großbritannien überwacht, teilte dem Guardian mit, dass sie die Polizei über Drohungen gegen Anwaltskanzleien und Flüchtlingsdienste in mehr als 30 Orten informiert habe.