Extremismus Politik

Vor OB-Wahl in Kiel: Extremismusvorwurf gegen Grünen-Kandidaten Yılmaz

  • Oktober 16, 2025
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Vor OB-Wahl in Kiel: Extremismusvorwurf gegen Grünen-Kandidaten Yılmaz

Einen Monat vor der Oberbürgermeisterwahl in Kiel steht der Grünen-Kandidat Samet Yılmaz unter Druck. Der 44-Jährige, der zuvor im Verfassungsschutz tätig war, sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, ein Sicherheitsrisiko zu sein – wegen einer Intervention zugunsten eines deutsch-türkischen Frühlingsfests. Der Fall sorgt weit über Schleswig-Holstein hinaus für Aufmerksamkeit.

Am 16. November wird Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt Kiel ihren neuen Oberbürgermeister wählen. Der bisherige Amtsinhaber Ulf Kämpfer (SPD) hatte bereits im Vorjahr angekündigt, sich nicht zur Wiederwahl zu stellen. Um seine Nachfolge bewerben sich neun Kandidatinnen und Kandidaten – unter ihnen auch der 44-jährige Samet Yılmaz.

Er wird für die Grünen ins Rennen gehen. Die Partei rechnet sich gute Chancen aus, das höchste Amt in der Landeshauptstadt zu erobern. Immerhin hat bei der Bundestagswahl Luise Amtsberg das Direktmandat geholt, und es wäre nicht der erste OB-Posten einer deutschen Landeshauptstadt, der an die Grünen ginge.

Hat Yılmaz umstrittenem Fest Unterstützung gewährt?

Einen Monat vor der Wahl sieht sich Yılmaz, der als einziger türkeistämmiger Kandidat kandidiert, Vorwürfen des Extremismus ausgesetzt. Unter Berufung auf Behördenkreise berichtet der „Spiegel“, Yılmaz habe deshalb sogar seine Aufgabe beim Verfassungsschutz verloren. Dort war er zuletzt als Leiter des Referats Auswertung für Extremismus mit Auslandsbezug tätig.

Ausgerechnet er soll an einer Sicherheitsüberprüfung gescheitert sein, weil er eine Veranstaltung der rechtsextremistischen türkischen „Grauen Wölfe“ unterstützt haben soll. Das Referat, das er geleitet hatte, beschäftigt sich unter anderem mit dieser Gruppierung, aber auch etwa mit der PKK.

Konkret soll es sich um den „Türkischen Tag“ im Kieler Werftpark gehandelt haben. Dieses Frühlingsfest findet bereits seit den 2010er Jahren jährlich statt – in diesem Jahr war es am 8. Juni. Es handelt sich um ein unpolitisches Familienfest, das vor allem Menschen aus der türkischen Einwanderercommunity besuchen. Als Veranstalter treten jedoch Vereine in Erscheinung, die der nationalistischen sogenannten Idealistenbewegung zugerechnet werden. Dem Verfassungsschutz zufolge sollen Feste dieser Art dieser dazu dienen, „die eigene Ideologie in einer harmlos wirkenden Form einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren“.

Graue Wölfe gerne gegen türkeistämmige Politiker instrumentalisiert

Aufstrebende türkeistämmige Politiker durch Vorwürfe der Nähe zu den „Grauen Wölfen“ in ein zwielichtiges Licht rücken zu wollen, ist kein neues Phänomen in der deutschen Politik. Nach ihrem Einzug in den Landtag von NRW im Jahr 2012 versuchten Gegner, die CDU-Politikerin Serap Güler auf diese Weise ins Zwielicht zu rücken. Konstruiert wurde der Vorwurf über die Teilnahme einer Konferenz der „Stiftung: Bildung! Eğitim!“ in Brühl. Diese soll der Idealistenbewegung nahestehen, hieß es damals – belastbare Beweise dafür fanden sich nicht.

Im Jahr 2015 geriet die Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Nebahat Güçlü aus der Partei der Grünen in die Schlagzeilen. Sie war als Rednerin der Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland (ADÜTDF) aufgetreten – die tatsächlich den Grauen Wölfen zuzurechnen ist. Allerdings erklärte Güçlü, zum Zeitpunkt der telefonischen Einladung nicht gewusst zu haben, wer der Ausrichter sei.

Reaktionen aus der Politik: „Konstruiert“ und „perfide“

Samet Yılmaz hat am „Frühlingsfest“ in Kiel nicht selbst teilgenommen. Um zum „Sicherheitsrisiko“ zu werden, reichte eine Intervention aus, die mit dem Abbau der baulichen Einrichtungen im Zusammenhang mit diesem zu tun hatte. Den Berichten zufolge soll er sich – auf Bitten der Veranstalter – bei der Stadtverwaltung dafür eingesetzt haben, die Frist für den Abbau um einen Tag zu verlängern. Grund sei das schlechte Wetter gewesen.

In diesem Sinne soll Yılmaz noch am Veranstaltungstag – erfolglos – versucht haben, das Grünflächenamt der Stadt zu kontaktieren. Der Hamburger Grünen-Abgeordnete und religionspolitische Sprecher Michael Gwosdz äußerte zu der Angelegenheit auf X: „Wenn ich den dort wiedergegeben Sachverhalt zusammenfasse, könnte man auch sagen, er habe sich für den Arbeitsschutz der Bühnenarbeiter*innen eingesetzt.“

Der Vorwurf des Sicherheitsrisikos sei „jedenfalls wahnsinnig konstruiert“, meinte Gwosdz; daraus eine Unterstützung für Extremisten zu konstruieren, sei „perfide“.

Yılmaz äußert sich auf Instagram

In ähnlicher Weise äußerte sich auch Yılmaz selbst. Auf Instagram veröffentlichte er eine Erklärung, in der es hieß: „Ich möchte eines ganz klar sagen: Ich verabscheue türkischen Nationalismus! Ich unterstütze keine Extremistinnen und Extremisten – ganz im Gegenteil. Ich habe mich bewusst in den Dienst der Verfassung gestellt, um unsere Demokratie zu schützen.“

Yılmaz erklärte, weiterhin im Innenministerium zu arbeiten. Zu konkreten Sachverhalten im Verfassungsschutz könne er nicht Stellung nehmen, da er in einem Hochsicherheitsbereich tätig gewesen sei. Das Weiterleiten einer Anfrage des besagten Vereins habe jedoch den Geheimschutzansprüchen nicht entsprochen, die „zurecht wahnsinnig hoch“ seien. Er werde weiterhin „mit voller Überzeugung für unsere Demokratie, für Transparenz und gegen jede Form von Extremismus“ arbeiten.

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