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Wettbieten in der Türkei: Gala und Fener rüsten massiv auf

  • September 2, 2025
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Wettbieten in der Türkei: Gala und Fener rüsten massiv auf

Die letzten Tage ging es heiß her in der Türkei. Während in den großen Ligen das Transferfenster schloss, ist jenes in der Türkei noch ein paar Tage offen. Während es Anfang August noch danach aussah, als ob Galatasaray als klarer Punktsieger der Transferphase wird, holte Fenerbahçe zuletzt mächtig auf und machte damit Schlagzeilen, die selbst das mediale Beben um Sané und Osimhen übertrafen.

Die wohl skurrilste Geschichte dieser Transferperiode: Kerem Aktürkoğlu. Der türkische Nationalspieler war bis zum Sommer bei Benfica Lissabon, schoss Fenerbahçe mit seinem Treffer in den Playoffs aus der Champions League – und unterschrieb nun ausgerechnet am Bosporus. 22,5 Millionen Euro Ablöse plus 2,5 Millionen Bonus fließen im Gegenzug nach Portugal.

Mourinho muss gehen – und sein Wunsch kommt

Pikant daran: Aktürkoğlu war der ausdrückliche Wunsch von José Mourinho. Doch der Portugiese musste nach dem Aus in den Playoffs gehen – vier Tage vor der Verpflichtung seines Wunschspielers. Mourinho hatte die Vereinsführung wiederholt für zu späte und zögerliche Transfers kritisiert. In Istanbul herrscht seither die Überzeugung: Wären Aktürkoğlu und die späteren Stars schon früher gekommen, Benfica wäre kein Hindernis gewesen.

Instagram-Löschwelle und ein filmreifer Vergleich

Pikant ist aber noch mehr: Aktürkoğlu hat eine Galatasaray-Vergangenheit. Umso größer war der Aufruhr, als er unmittelbar vor seiner Unterschrift bei Fener alle seine Fotos mit Gala-Bezug in seinem Instagram-Account löschte. Für Fener-Fans ein Zeichen absoluter Loyalität – für Galatasaray-Anhänger Verrat. Doch in der Türkei ist es nun mal etwas mehr als Rivalität, die zwischen den großen Klubs herrscht. Sportsfreunde gibt es wenn überhaupt bei Spielen der türkischen Nationalmannschaft.

Der Wechsel erinnert frappierend an eine Szene des legendären Schauspielers Kemal Sunal. In seinem Kultfilm „İnek Şaban“ wird der von Gala umworbene Spieler vom Vorstand entführt, ehe Fenerbahçe den Spieler mit Hilfe der Mafia zurückholt. Sunal schwärmt in beiden Trikots von der jeweiligen Mannschaft – ein wankelmütiger Wendehals, komödiantisch überhöht. Für viele Gala-Fans ist Aktürkoğlu nun genau diese Realität geworden.

Ederson – ein gestohlener Traum

Noch bitterer für Galatasaray: Mit dem Abgang von Vereinsikone Fernando Muslera stand die Verpflichtung eines Weltklasse-Torhüters im Raum. Ederson von Manchester City war praktisch fix – bis der Vorstand zögerte. In dieser Lücke schlug Fenerbahçe zu und kaperte den Transfer in einer Nacht-und-Nebel-Aktion. 12 Millionen Euro Ablöse und 10 Millionen Euro Gehalt machten den Unterschied.

Für Gala bleibt der bittere Beigeschmack, einen internationalen Top-Torhüter im letzten Moment an den Erzrivalen verloren zu haben. Die Kritik am Vorstand durch die Fans muss so hoch ausgefallen sein, dass Galatasaray in großer Eile als Alternative den türkischen Torhüter Uğurcan Çakır von Trabzonspor für wahnwitzige 36 (!) Millionen Euro verpflichtet hat.

Asensio und ein XXL-Paket

Mit Aktürkoğlu war der gestrige Transfer-Tag aber noch lange nicht beendet. Fenerbahçe präsentierte darüber hinaus Marco Asensio von PSG für 7,5 Millionen Euro – ein vergleichsweise niedriger Preis für einen Spieler seiner Klasse. Doch mit einem Gehalt von knapp 10 Millionen Euro pro Jahr und einem Dreijahresvertrag summiert sich die Summe zu einem gewaltigen Paket.

Parallel sorgte Edersons Ankunft für Schlagzeilen: Der Transfer gilt als symbolischer Schlag gegen Galatasaray, der sportlich wie politisch ausgenutzt wird. Politisch, weil der Vereinspräsident Ali Koç im September zur Wahl steht. Nie zuvor war ein Vereinsboss bei Fener derart in die Schusslinie geraten. Auch die Transfers sollen ihn nicht retten, wenn es nach Social Media User geht. Schließlich seien sie viel zu spät erfolgt.

150 Millionen – oder doch nur 105?

Auf X kursierte unmittelbar danach eine „Transferbilanz“. Jhon Durán, Archie Brown, Milan Škriniar, Nelson Semedo, Dorgeles Nene, Édson Álvarez, Kerem Aktürkoğlu, Marco Asensio und Ederson – dazu eine Abfindung für Mourinho, die sich im zweistelligen Millionenbereich bewegen dürfte. In Summe: 150 Millionen Euro. „Woher kommt das ganze Geld bei dem ausbleibenden Erfolg?“, so Nutzer Devrn Snr.

User-Berke, ein Fener-Anhänger widerspricht: „Nein, 105 Millionen. Die Summe, die ihr allein für Victor Osimhen und Singo bezahlt habt.“ Die Debatte zeigt, wie sehr die Zahlen zur Waffe im Fan-Diskurs geworden sind – egal, wie realitätsnah sie im Detail sind.

Verkäufe? Fehlanzeige.

Während Millionen in Stars fließen, bleibt die Bilanz auf der Abgangsseite dünn. Fenerbahçe verkaufte Eigengewächs Yusuf Akçiçek für 22 Millionen Euro an Al-Hilal – ein Vereinsrekord. Darüber hinaus? Nur Leihen, bei denen ein Teil der üppigen Gehälter weiter übernommen wird. Bei Galatasaray ist es ähnlich. Die Top-Ligen Europas greifen nicht zu, wenn es um hochdotierte Verträge mit überschaubarem sportlichen Mehrwert geht.

Einzig der Abgang von Barış Alper Yılmaz zum FC Neom aus Saudi-Arabien könnte die Bilanz von Galatasaray korrigieren. Denn der saudische Club sei bereit, stolze 40 Millionen Euro für den türkischen Allrounder auszugeben. Ob Galatasaray dieses Geld zur Seite legt? Bei den Forderungen der Fans wohl kaum.

Statt Ederson: Gala holt einen anderen Star von ManCity

All diese Schlagzeilen konnte Gala nicht einfach so auf sich sitzen lassen und reagierte mit dem Transfer des 34 Jahre alten İlkay Gündoğan. Der (Ex-)Kapitän von Manchester City sowie der deutschen Nationalmannschaft und frühere Mitspieler von Leroy Sané lässt seine Karriere also wie angekündigt in der Türkei ausklingen. Wie schon Mesut Özil einst kommt der Deutsch-Türke für einen letzten Tanz an den Bosporus. Die Gala-Fans werden hoffen, dass „Gündo“ besser performt als Özil bei Fener.

Und wie sieht es bei Beşiktaş aus? Der dritte große Klub aus Istanbul hat im gleichen Sommer mehr als 50 Millionen Euro ausgegeben – eine Summe, die noch vor wenigen Jahren für Schlagzeilen gesorgt hätte. Heute geht sie unter im Lärm von Fener und Gala. Die Erwartungshaltung hat sich längst verschoben. Da das Transferfenster in der Türkei noch bis zum 12. September geöffnet ist, spekulieren Fener-Fans über Ademola Lookman von Atalanta für weitere 55 Millionen Euro, als wäre es der nächste logische Schritt. Doch auch Galatasaray will Lookman verpflichten. Eine Hürde könnte dabei eine UEFA-Frist darstellen: Bis zum Ablauf des 2. Septembers nämlich müssen die Klubs ihre Spielerlisten für die UEFA-Wettbewerbe mitteilen. Schwer vorstellbar, dass ein Lookman sich ein halbes Jahr „nur“ mit der Süper Lig zufrieden gibt. Wobei es ja noch nicht mal sicher ist, dass die Klubs im Februar noch international vertreten sind.

Trainerfrage ohne Antwort

Mitten in diesem Transferrausch bleibt für Fenerbahçe ein zentraler Punkt ungeklärt: Wer trainiert diese hochkarätige Mannschaft? Mourinho ist weg. Gibt es ein drittes Comeback von İsmail Kartal? Wird es Roger Schmidt, obwohl er seinen Rückzug vom Fußball mit dem drastischen Satz: „Ich will nicht einmal mehr einen Fußball sehen“ verkündet hatte? Was ist mit Nuri Şahin, der in Dortmund krachend scheiterte. Oder doch ein Name, der in Istanbul für Gänsehaut sorgt – Jürgen Klopp? Die Summen haben ein Erwartungsniveau geschaffen, das selbst auf dem Trainerstuhl nur noch absolute Superstars akzeptiert.

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