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Politik

Ein Neonazi in Österreich organisierte offenbar Waffen für eine rechte Miliz in Deutschland

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Der mutmaßliche Kopf der jetzt in Österreich aufgeflogenen Bande, die mit Drogen gehandelt und Waffen beschafft haben soll, ist seit Jahrzehnten als Neonazi bekannt. Für wen die beschlagnahmten Waffen bestimmt waren, wissen die deutschen Sicherheitsbehörden noch nicht.

Der Verdacht ist ungeheuerlich: Ein österreichischer Neonazi und mehrere Komplizen sollen mit Drogengeld Waffen für eine rechtsextreme Miliz in Deutschland beschafft haben. Wie weit diese angeblichen Pläne gediehen waren und ob diese Miliz schon existiert, ist aber nach Angaben aus Sicherheitskreisen in Deutschland und Österreich noch nicht abschließend geklärt. Zumindest bei den beiden Verdächtigen, die in Deutschland jetzt in Untersuchungshaft sitzen, sieht es bislang eher so aus, als stehe hier nur der Verdacht des Drogenhandels im Raum.

„Derzeit liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die beiden Beschuldigten in die mutmaßlichen Waffengeschäfte des Österreichers eingebunden waren oder der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind“, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Duisburg, Marie Fahlbusch. Gegen beide werde bislang wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz ermittelt. Der Ältere der beiden Männer stammt aus Essen und wurde in Passau festgenommen. Den jüngeren Mann, einen Düsseldorfer, nahm die Polizei im rheinischen Velbert fest.

Das Bundeskriminalamt (BKA) ist nach Angaben des Bundesinnenministeriums bereits seit Oktober über die Ermittlungen zu der Bande informiert. Die Sicherheitsbehörden in Österreich hatten in der vergangenen Woche ein großes Waffenarsenal beschlagnahmt und fünf Verdächtige festgenommen.

Seehofer: Fund einer so großen Menge an Kriegswaffen „alarmierend“

Der Fund einer so großen Menge an Kriegswaffen, Munition und Sprengstoff sei alarmierend, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Die Tathintergründe würden jetzt aufgeklärt, „das gilt besonders vor dem rechtsextremistischen Hintergrund des Tatverdächtigen in Österreich“.

Hauptverdächtiger ist ein 53-jähriger, mehrfach vorbestrafter Österreicher. Der bekannte Neonazi soll mit mehreren Komplizen einen Drogenhandel aufgezogen haben, um mit dessen Erlös die Waffenkäufe zu finanzieren.

Grüne und FDP fordern Aufklärung – auch im Bundestag. „Die erneut zu Tage getretene Militanz von Rechtsextremisten in Deutschland und Österreich ist in hohem Maße besorgniserregend“, sagte Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag).

Notz: Rechtsextremisten rüsten weiter auf

Notz kündigte an, die Razzia in Österreich und die Bezüge nach Deutschland am Mittwoch im Innenausschuss und im Parlamentarischen Kontrollgremium besprechen zu wollen. „Es steht der Verdacht im Raum, dass die rechtsextremistischen und terroristischen Netzwerke von heute solche sind, die seit Jahrzehnten im Verborgenen bestehen. Sie rüsten weiter auf. Die Sicherheitsbehörden müssen diese Strukturen gemeinsam rückhaltlos aufklären, und zwar im Hinblick auf aktuelle Bedrohungen, aber auch bezüglich der Klärung zurückliegender Straftaten.“ Der FDP-Innenpolitiker Stephan Thomae sagte auf Anfrage, er habe einen Bericht dazu beantragt.

Die Geheimdienst-Kontrolleure des Bundestages dringen im Kampf gegen Rechtsextremisten mit Verbindungen zu Militär und Sicherheitsbehörden schon länger auf eine Stärkung der Nachrichtendienste. Es gebe zwar keine Beweise für die Existenz einer Schattenarmee, die einen politischen Umsturz plane, wohl aber rechtsextreme und organisierte Strukturen mit Bezügen zur Bundeswehr und anderen Behörden, stellte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter, vergangene Woche – vor Bekanntwerden der Neuigkeiten aus Österreich – bei der Vorstellung eines Berichts fest. Die Abgeordneten bescheinigten den Sicherheitsbehörden – vor allem dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) – den Einsatz gegen Rechtsextremisten in der Vergangenheit nicht in hinreichendem Maße erfüllt zu haben. An dem Bericht war seit 2018 gearbeitet worden.

Vernetzung über Soziale Medien, Waffenbörsen, Schießtrainings und beruflichen Zusammentreffen

„Die Untersuchung hat gezeigt, dass in der Bundeswehr sowie in unterschiedlichen Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern (Polizei und Nachrichtendienste) – teilweise trotz bestehender Sicherheitsüberprüfungen – eine Reihe von Beschäftigten mit rechtsextremistischem, auch gewaltorientiertem, Gedankengut tätig sind“, heißt es darin. Diese Beschäftigten „der betrachteten Sachverhaltskomplexe“ stünden teils in Verbindung – „wenn auch nicht alle mit allen, so doch in verschiedenen Kreisen“. „Eine Vernetzung erfolgt dabei virtuell über die Sozialen Medien, mutmaßlich auch bei Treffen im Rahmen von Waffenbörsen, Schießtrainings und beruflichen Zusammentreffen.“ Ehemalige Soldaten etwa würden ihr sicherheitstechnisches Fachwissen auch an rechtsextreme Kreise weitergeben.

Dieser Bericht erscheint nun nach den Durchsuchungen in Österreich in einem neuen Licht. Dabei hatten Ermittler am Wochenende nach Angaben der Behörden mehr als 70 automatische und halbautomatische Schusswaffen, Handgranaten sowie Sprengstoff und große Mengen an Munition entdeckt. Bei den Waffen handelt es sich laut dem österreichischen Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl um einen der „größten Funde der letzten Jahrzehnte“.

Den Ermittlern sei ein „massiver Schlag“ gegen die rechte Szene gelungen, hatte der österreichische Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) erklärt. Mit den Waffen sollte „möglicherweise eine rechtsradikale Miliz“ in Deutschland aufgebaut werden. Was den Minister zu dieser Aussage gebracht hat, wissen die deutschen Sicherheitsbehörden noch nicht im Detail.

Solingen, Mölln, NSU, Revolution Chemnitz – was kommt als nächstes?

Das Bundesinnenministerium betonte aber, es wolle hier gar nichts ausschließen und stellte fest: „Allein die im Raum stehende Vermutung zum Bestimmungszweck der Waffen und der Munition in Deutschland erfordert eine restlose und umfassende Aufklärung.“

Denn so extrem diese Vermutung auch klingen mag, dass es im rechten Spektrum auch nach dem Auffliegen des NSU noch Bürger in Deutschland gibt, die gemeinsam Pläne für einen gewaltsamen Umsturz schmieden, hat zuletzt der Prozess gegen die Gruppe „Revolution Chemnitz“ gezeigt. Der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden hatte den Rädelsführer und Gründer sowie sieben Mitglieder im März zu Haftstrafen verurteilt. Die Neonazi-Vereinigung war im September 2018 aus einem Chat im Internet heraus entstanden.

dpa/dtj

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