Politik
Dem-Bürgermeister in Südosttürkei festgenommen und abgesetzt
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Zwei Monate nach den Kommunalwahlen in der Türkei ist der prokurdische Bürgermeister der Gemeinde Hakkari im Südosten des Landes festgenommen und seines Amtes enthoben worden. Der Provinzgouverneur sei als Zwangsverwalter eingesetzt worden.
Grund für die Festnahme seien laufenden Ermittlungen gegen den gewählten Bürgermeister Mehmet Sıddık Akış von der prokurdischen Partei Dem wegen Terrorvorwürfen. Die Dem wertete die Entscheidung als politisch motiviert und rief zu Protesten auf. Es handele sich um einen „Putsch gegen das Wahlrecht“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gülistan Kılıç Koçyiğit.
Dem Politiker Akış wird dem Innenministerium zufolge unter anderem die Leitung und Mitgliedschaft in der PKK vorgeworfen. Die PKK steht in der Türkei, der EU und den USA auf der Terrorliste. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hält die Dem für den verlängerten Arm der PKK. Die Dem weist den Vorwurf zurück.
„Rache für die Niederlage bei den Wahlen vom 31. März“?
Die Ermittlungsakte sei unter Verschluss und selbst die Anwälte des Beschuldigten hätten keinen Zugriff darauf, sagte Koçyiğit. Sie kritisierte zudem, dass Akış abgesetzt wurde, ohne dass ein rechtskräftiges Urteil gegen ihn vorliege. Das sei rechtswidrig. „Mit der Entscheidung über die Zwangsverwaltung hat die Regierung damit angefangen, Rache für die Niederlage bei den Wahlen vom 31. März an unseren Gemeinden zu nehmen“, sagte sie.
Bei den Kommunalwahlen Ende März hatte die Regierungspartei AKP ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren. Stärkste Kraft auf kommunaler Ebene wurde die größte Oppositionspartei CHP. Die Dem konnte 78 Bürgermeisterposten gewinnen und damit ihr Ergebnis bei den vorherigen Kommunalwahlen 2019 verbessern. Damals war ein Großteil der prokurdischen Bürgermeister von der Regierung wieder abgesetzt worden.
Die Dem (vormals HDP) steht seit Jahren massiv unter Druck. Mitte Mai war der seit 2016 inhaftierte ehemalige Parteivorsitzende Selahattin Demirtaş unter anderem wegen Terrorpropagand zu 42 Jahren Haft verurteilt worden.
dpa/dtj