Serap Güler: CDU-Politikerin mit türkischen Wurzeln wird Staatsministerin

ARCHIV - 18.03.2024, Berlin: Serap Güler (CDU), Mitglied des Deutschen Bundestages, spricht bei einer Diskussionsveranstaltung der CDU mit dem Titel "Chancenland Deutschland - Integration gemeinsam gestalten, Zusammenhalt stärken" in der CDU-Bundesgeschäftsstelle (Konrad-Adenauer-Haus). Foto: Christoph Soeder/dpa
Der Kleine Parteitag der CDU hat dem Koalitionsvertrag mit der SPD zugestimmt. Mit Serap Güler wird erstmals eine türkeistämmige CDU-Politikerin als Staatsministerin im Auswärtigen Amt vertreten sein. Ihr Aufstieg spiegelte den Wandel der Union in der Integrationspolitik während der Ära Angela Merkel wider.
Am Montag hat der Kleine Parteitag der CDU den Anfang des Monats präsentierten Koalitionsvertrag mit der SPD abgesegnet. Vorbehaltlich der noch ausstehenden Zustimmung der Sozialdemokraten, deren Mitgliederbefragung am heutigen Dienstag, 24:00 Uhr, zu Ende geht, wird die Union ein elfköpfiges Team aus Bundes- und Staatsministern stellen. Mit Serap Güler wird auch eine türkeistämmige Politikerin mit von der Partie sein – als Staatsministerin im Auswärtigen Amt.
Vom Hotelfach zur Politik: Der Werdegang von Serap Güler
Die 1980 in Marl (Nordrhein-Westfalen) geborene Tochter eines Bergmanns und einer Hausfrau legte 1999 ihre Abiturprüfung an der dortigen Willy-Brandt-Gesamtschule ab. Anschließend absolvierte sie eine Ausbildung zur Hotelfachfrau und ein Studium der Kommunikationswissenschaften und Germanistik an der Universität Duisburg-Essen.
Gegen Ende der 2000er-Jahre begann die berufliche Laufbahn von Güler als Sachbearbeiterin im Familien- und Integrationsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen. Als politisches Talent entdeckt wurde sie vom damaligen Integrationsminister Armin Laschet. In dessen Ministerbüro war sie bis 2010 als Referentin tätig.
Nach der Landtagswahl 2010, die für die CDU verlorenging, wechselte sie als Pressereferentin im Rang einer Regierungsrätin in das Gesundheitsministerium. Dieses leitete zu dieser Zeit die Grünen-Politikerin Barbara Steffens.
Einzug in den Landtag und Aufstieg innerhalb der CDU
Bei der vorgezogenen Landtagswahl 2012 zog Güler, die 2009 in die CDU eingetreten war, über die Landesliste ins Düsseldorfer Landesparlament ein – als damals jüngste Abgeordnete. In der CDU-Fraktion wurde sie unter anderem zur Fraktionssprecherin für den Arbeitskreis Integration ernannt. Gleichzeitig machte sie im Kreisverband Köln Karriere. Im Jahr 2014 wählte dieser sie zur stellvertretenden Vorsitzenden – mittlerweile ist sie dessen Vorsitzende. Seit 2012 ist Güler auch Mitglied im Bundesvorstand der CDU.
Als ihrer Partei im Jahr 2017 in NRW der Regierungswechsel gelang, berief Ministerpräsident Armin Laschet Güler zur Staatssekretärin für Integration im Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration. Dieses Amt übte sie bis zu ihrem Bundestagseinzug im Jahr 2021 aus.
Bei keinem ihrer vier Wahlantritte zum Landtag und zum Bundestag in verschiedenen Wahlkreisen konnte die heute 44-Jährige ein Direktmandat gewinnen. Zuletzt landete sie im Stimmkreis Köln I knapp hinter der SPD-Kandidatin Sanae Abdi. Allerdings war sie bei allen Wahlen über einen sicheren Platz auf der Landesliste abgesichert.
Sinnbild der Öffnung der CDU für Muslime und Einwandererkinder
Der Aufstieg Serap Gülers in der CDU ist der Ausdruck einer Öffnungspolitik gegenüber türkeistämmigen Einwanderercommunitys und muslimischen Wählern, die in die Ära Angela Merkel fiel. Als Güler 2012 erstmals in den Landtag von NRW einzog, unterstrich sie gegenüber dem DTJ die Bedeutung der Religion in ihrem Leben.
Güler betonte damals, dass „Menschen, die in ihrem Alltag einen stärkeren Wert auf die Religion legen, in der CDU bestens aufgehoben sind“. Dies unterscheide die Union von der SPD, wo – so ihre damaligen Schilderungen – gläubige Muslime gemaßregelt würden, sobald sie das Wort „Gott“ in den Mund nähmen. Gleichzeitig kritisierte sie die Grünen aufgrund ihrer Position in der damaligen Beschneidungsdebatte.
Noch im gleichen Jahr wurde Güler zum Ziel einer Medienkampagne, nachdem sie eine Veranstaltung der Mentoring-Konferenz der „Stiftung: Bildung! Eğitim!“ in Brühl besucht hatte. Dieser wurde eine Nähe zur sogenannten Idealistenbewegung nachgesagt – und die Jungpolitikerin ob ihrer Teilnahme der „Guilt by Association“ überführt. Trotz Anfeindungen rechter Kreise in- und außerhalb der Partei schadeten die Berichte ihrer Karriere nicht. Die Anschuldigungen gegen den Verein erwiesen sich auch als substanzarm.
Gezi, Kopftuch, Taurus: Kontroversen um Güler
Obwohl die politischen Widerstände gegen Serap Güler zu einer Solidarisierung in der türkeistämmigen Community geführt hatten, blieb sie dort nicht unumstritten. Ihre Kritik am damaligen Premierminister Recep Tayyip Erdoğan im Zuge der Gezi-Proteste 2013 kosteten sie unter regierungsnahen Türkeistämmigen Sympathien.
Im Jahr 2018 war sie als Integrationsstaatssekretärin in NRW eine der federführenden Kräfte beim Verbot des Kopftuchs für Mädchen unter 14 Jahre. Sie erklärte damals, es sei „pure Perversion“ und „sexualisiere“ Kinder, Mädchen zuvor ein Kopftuch tragen zu lassen. Kritiker aus der muslimischen Community warfen ihr damals vor, rechten Islamfeinden das Wort zu reden. Kinder, die Kopftuch tragen, wollten damit in erster Linie die Mutter imitieren. Muslimische Mädchen in der Pubertät würden durch die Maßnahme hingegen bevormundet.
Nicht unkritisch sehen viele auch Gülers Unterstützung für eine Eskalationspolitik mit Blick auf den Krieg in der Ukraine. Im Zusammenhang mit der Debatte um Taurus-Marschflugkörper an die Regierung in Kiew rückte sie kritische Stimmen aus der SPD in die Nähe der in Teilen rechtsextremen AfD.
Rückendeckung in der türkeistämmigen und muslimischen Community fand hingegen Gülers Einsatz für Islamunterricht an Schulen in NRW. Zudem setzt sich die Politikerin für eine einfachere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse ein.