Bericht: Rolle der Türkei in Gaza eher symbolisch als real
Ein Bericht der „Washington Post“ legt nahe, dass die Türkei beim jüngsten Gaza-Friedensprozess kaum eine aktive diplomatische Rolle spielte. Stattdessen habe Präsident Erdoğan vor allem den Anschein erweckt, Ankara sei ein zentraler Akteur – eine Strategie, die innenpolitisch nützlich, außenpolitisch aber weitgehend symbolisch war.
Schmückt sich die türkische Regierung unter Recep Tayyip Erdoğan mit Blick auf die Friedensvereinbarung für Gaza mit fremden Federn? Dieser Auffassung ist zumindest der renommierte Analyst David Ignatius. In der „Washington Post“ hat er jüngst einen Beitrag veröffentlicht, in dem er Ankara eine „Diplomatie der Bilder“ attestierte. Die Türkei habe ihre Beteiligung an den Gesprächen eher inszeniert als tatsächlich substanzielle Erfolge bewirkt.
Vor allem USA und Katar waren führende Akteure in den Verhandlungen
Der Journalist betont, es habe bis zu dem Treffen am Rande der UN-Vollversammlung in New York keinerlei Hinweise auf eine direkte Einbindung der Türkei in die Waffenstillstandsverhandlungen gegeben. Erdoğan, aber auch Donald Trump, präsentierten die Türkei dort als zentralen Akteur.
Tatsächlich seien an der Ausarbeitung des von Trump initiierten 20-Punkte-Friedensplans vor allem die USA und Katar beteiligt gewesen. Federführend waren neben Steve Witkoff und Jared Kushner auf amerikanischer Seite noch Katars Chefverhandler Ali al-Thawadi und Großbritanniens Ex-Premier Tony Blair.
Ignatius zufolge standen die Verhandlungen auf Messers Schneide, nachdem Israel im September ein Treffen von Hamas-Kadern in Doha aus der Luft angegriffen hatte. Das Golfemirat drohte daraufhin mit einem Rückzug aus den Gesprächen. Die USA hätten daraufhin einige katarische Bedingungen akzeptiert. Ebenfalls involviert in die Gespräche war Ägypten.
Erdoğan spricht von türkischer Garantenrolle – aber kein Wort davon im offiziellen Dokument
Demgegenüber hätten Sitzordnung und Flaggen beim Treffen in New York den Eindruck erwecken sollen, dass auch die Türkei einen erheblichen Beitrag geleistet und Erdoğan eine Schlüsselrolle gespielt habe. Die „Washington Post“ geht davon aus, dass dies die Folge eines Deals zwischen Ankara und Doha gewesen sei.
Die Türkei habe sich innenpolitisch profilieren können, Katar konnte sich im Sinne der „geteilten Verantwortung“ innerhalb der islamischen Welt als Macher präsentieren. Allerdings ist im „Gemeinsamen Kommuniqué“, das die USA, Katar, Ägypten und die Türkei unterzeichneten, nicht die Rede von einer türkischen Garantenrolle. Erdoğan hatte erklärt, eine solche gebe es.
In der „Trump Declaration for Enduring Peace and Prosperity“, dem offiziellen Dokument zur Waffenstillstandsvereinbarung, kommt der Begriff „Garantie“ ebenfalls nicht vor. Erdoğan kündigte an, Truppen für eine Stabilisierungsmission zur Verfügung stellen zu wollen. Allerdings gibt es dazu auch noch kein UN-Mandat. Ignatius‘ Einschätzung zufolge habe der Beitrag der Türkei zu der Einigung darin bestanden, zusammen mit Katar und Ägypten Druck auf die Hamas auszuüben. Israel hat die Türkei wegen ihrer demonstrativen Nähe zur Hamas jedoch nie als zuverlässigen Vermittler betrachtet.
Türkei wohl nicht an Stabilisierungstruppe für Gaza beteiligt
Mittlerweile ist davon die Rede, dass die Türkei voraussichtlich nicht Teil der geplanten internationalen Stabilisierungstruppe für den Gazastreifen sein wird. Die etwa 5.000 Soldaten umfassende Friedenstruppe soll nach dem Waffenstillstand ein Machtvakuum verhindern und den Wiederaufbau des Küstenstreifens absichern. Einem Bericht des britischen „Guardian“ zufolge hat Israel eine Beteiligung Ankaras entschieden abgelehnt.



