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Berlinale: Meltem Kaptan für ihre Rolle als Mutter von Murat Kurnaz ausgezeichnet
In Deutschland ist es ihre erste Kinorolle: Meltem Kaptan spielt die Mutter des früheren Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz. Dafür gewann sie nun den wichtigsten Schauspielpreis der Berlinale.
Ausgezeichnet wurde Kaptan für ihre Hauptrolle im Drama „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“. Darin spielt sie die Mutter des langjährigen Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz. Regisseur Andreas Dresen erzählt, wie sie versucht, ihren Sohn aus dem US-Gefangenenlager zu befreien. Auch Drehbuchautorin Laila Stieler gewann einen Silbernen Bären. Damit bekam die Produktion gleich zwei Preise.
Kaptan dankt ihren Eltern
Kaptan bedankte sich im Anschluss bei ihrer Familie. „Mama und Papa, ihr seid hier vor so vielen Jahren hergekommen“, sagte sie. „Und habt nicht verlangt von euren Töchtern, dass sie Medizin oder Jura studieren. Sondern habt gesagt: „Folgt eurem Weg.““ Das hätten sie mit bedingungsloser Liebe gemacht. „Und dafür einfach nur Danke.“ Ihren Preis widmete sie Rabiye Kurnaz und allen Müttern, deren Liebe stärker sei als alle Grenzen.
In ihrer Filmrolle zeigt sie Schlagfertigkeit, Humor und vor allem Selbstironie. Kaptan hatte etwa Fernsehauftritte mit „Ladies Night“ und ist nun erstmals in einem deutschen Kinofilm zu sehen. Der Film soll Ende April anlaufen.
Kaptan wollte „Rolle nicht so witzig anlegen“
Die mit dem Silbernen Bären ausgezeichnete Rolle im Drama „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ hatte sich Kaptan zunächst anders gedacht. „Also ganz ehrlich, ich wollte Rabiye Kurnaz gar nicht so witzig anlegen“, sagte Kaptan am Mittwoch in Berlin nach der Preisverleihung. „Ich habe mich tatsächlich am Original orientiert und auch gemerkt, dass dieses Lustige, diese Leichtigkeit, die sie bringt, einfach etwas ist, was typisch Rabiye ist und tatsächlich mir wirklich Kraft gibt, das Ganze überhaupt zu durchstehen.“ Es sei allen wichtig gewesen, diese zwei Seiten zu zeigen.
Kaptan zeigte sich offen für ganz andere Rollen. „Wenn demnächst etwas kommt, wo gar nichts lustig ist: Ja, total gerne.“ Ich habe als Komödiantin begonnen, aber davor noch war ich Schauspielerin und ich liebe es, Menschen zum Lachen zu bringen“, sagte sie. „Aber ich hatte immer das Gefühl, dass ich gerne auch diese etwas tiefergehenden Dinge spielen würde.“ Sie wolle nicht mehr nur an der Oberfläche bleiben. „Ich möchte tiefer eintauchen, Kunst insgesamt ist schön. Das Leben ist ja nicht nur komisch, es gibt ja alle Facetten.“ Diese Facetten wolle sie auch zeigen können.
Auch in der Türkei aktiv
Kaptan ist Komikerin, Buchautorin, Moderatorin und jetzt auch eine Berlinale-Gewinnerin. Fernsehzuschauer kennen die Entertainerin aus Formaten wie „Ladies Night“ oder anderen Shows, etwa an der Seite von Jürgen von der Lippe oder Enie van de Meiklokjes. Sie hat auch schon in einem türkischen Kinofilm mitgespielt. Die Berlinale war für Kaptan Neuland. Die 41-Jährige wurde in Gütersloh geboren und studierte unter anderem in Istanbul und den USA. Sie lebt in Köln.
Wer sie bei Auftritten sieht, merkt schnell, wie viel Selbstironie sie hat. „Was passt am besten zu einer runden türkischen Comedienne? Richtig, ein deutscher dürrer Rechtsanwalt.“ Dinge mit sich selbst ausmachen? „Als Türke kannst du das nicht.“ Das gehe genetisch nicht, scherzt sie.
Makellos umgesetzt
In Dresens Film zeigt Kaptan ihr ganzes Können. Sie zeichnet mit Humor und voller Energie das Porträt einer bodenständigen Frau, die bis zur Erschöpfung um Gerechtigkeit für ihren Sohn kämpft. Dabei überzeugt sie sowohl in Momenten des Aufbegehrens gegen Bürokratie und Unmenschlichkeit als auch in denen stillen Verzweifelns.
Kaptans Spiel ist authentisch und geradlinig. So wie die Filmfigur Rabiye oft die richtigen schlichten Worte zur Charakterisierung von Personen und Situationen findet, so hat die Schauspielerin in jeder Szene zu den richtigen darstellerischen Mitteln gegriffen. Sie verleiht Kurnaz‘ Mutter Kontur, Charakter und Seelentiefen.
Dazu hat Drehbuchautorin Laila Stieler, die ebenfalls einen Berlinale-Bären bekam, einige herrliche Dialoge geschrieben. Etwa, als Murat gerne einen Moment allein sein möchte. „Versteh‘ ich“, sagt seine Mutter. „Ich komm‘ mit.“
Die Berlinale zählt neben Cannes und Venedig zu den großen Filmfestivals der Welt. Die Schauspielpreise werden seit vergangenem Jahr nicht mehr getrennt nach Geschlecht vergeben, sondern für die beste Leistung in Haupt- und Nebenrolle.
dpa/dtj