Das Ende der PKK – Symbolische Zäsur, politisches Kalkül

Mitten in einer Zeit massiver Repressionen gegen die Opposition verkündet die PKK ihr Ende. Frieden oder Inszenierung? Ein Kommentar zu Timing, Kalkül und der Rolle Erdoğans.
Nach Jahrzehnten des bewaffneten Kampfes gegen den türkischen Staat erklärt die PKK ihre Selbstauflösung. Es ist ein symbolischer Moment, ein möglicher Wendepunkt für die kurdische Bewegung – und doch liegt genau darin auch eine politische Falle.
Denn ausgerechnet jetzt, rechtzeitig vor den nächsten Wahlen 2028, will Präsident Erdoğan offenbar das Kapitel „PKK“ schließen. Der politische Kontext spricht Bände: Die Inhaftierung von Istanbuls populärem Bürgermeister Ekrem İmamoğlu und des DEM-Parteivorsitzenden, Selahattin Demirtaş, zeigen, dass die Regierung gezielt die politische Opposition im Land zerschlägt.
Stärke statt „Terror“
Gleichzeitig erscheint das Ende der PKK wie ein inszenierter Befreiungsschlag für Erdoğan – ein propagandistischer Sieg über den „Terror“, der im Inland für Stärke sorgen und im Ausland die Kritik an seiner Politik dämpfen soll. Dass die PKK sich gerade jetzt auf Öcalans Aufruf hin auflöst, wirft Fragen auf.
Istanbul: Großdemo für inhaftierten Bürgermeister İmamoğlu mit Botschaft aus Silivri
Ist eine Freilassung des seit Jahrzehnten inhaftierten Gründers im Gegenzug geplant – und soll das als Geste der Versöhnung dienen, um kurdische Wähler zu besänftigen? Fakt ist: Der Kampf um kurdische Rechte endet nicht mit der Waffenruhe. Solange echte kulturelle und politische Gleichberechtigung in der Türkei nicht gegeben ist, bleibt der Frieden fragil.
Das eigentliche Ziel: ein Wahlsieg ohne Widerstand
Die Auflösung der PKK ist nur dann ein echter Wendepunkt, wenn auf sie ein grundlegender Wandel der türkischen Staatspolitik folgt. Denn Erdoğan geht es nicht um Aussöhnung – sondern um Alleinherrschaft. Der Präsident instrumentalisiert den „Friedensprozess“, um sich endgültig zum unantastbaren Machthaber zu machen. Wer Opposition wagt, wird ausgeschaltet – ob durch Haft, politische Verfahren oder Medienkampagnen.
Historischer Aufruf: PKK-Chef Öcalan fordert Ende des bewaffneten Kampfes
Die Auflösung der PKK könnte ihm den letzten Vorwand nehmen, Gewalt im Südosten zu rechtfertigen. Doch sie gibt ihm zugleich die Bühne, sich als starker Mann des Friedens zu inszenieren. Erdoğan will keinen Frieden, er zementiert seine autoritäre Kontrolle. Das eigentliche Ziel: ein Wahlsieg ohne Widerstand – in einem Land, das er längst wie sein Eigentum regiert.