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Politik

Faeser in Ankara: Deutschland und USA unterstützen türkische Angriffe

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Bei ihrem Antrittsbesuch in Ankara hat sich Innenministerin Faeser solidarisch mit dem Partner Türkei gezeigt – aber dazu aufgerufen, Maß zu halten. Ähnliche Töne waren aus Washington zu hören. Anders als aus Russland.

Bei ihrem Besuch in Ankara hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Türkei nach Beginn der neuen Luftoffensive in Syrien und im Irak dazu aufgerufen, eine Eskalation der Gewalt zu verhindern. Die Reaktion der Türkei müsse verhältnismäßig sein, sagte Faeser am Dienstag. Die Bundesregierung hatte Ankara bereits vor dem Besuch Faesers am Montag zur Einhaltung des Völkerrechts aufgefordert. Die Türkei begründet ihre Offensive mit dem Recht auf Selbstverteidigung. „Das Recht auf Selbstverteidigung beinhaltet nicht ein Recht auf Vergeltung“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Christofer Burger.

Die türkischen Streitkräfte führten ihren Kampf gegen die kurdischen Milizen in Syrien, die sie als Terrororganisationen einstuft, derweil fort – und Präsident Recep Tayyip Erdoğan schlägt gewohnt martialische Töne an. Er stellte kein baldiges Ende der Angriffe in Aussicht. Im Gegenteil: „Sobald wie möglich werden wir, so Gott will, zusammen mit unseren Panzern, Soldaten und Weggefährten, alle ausrotten“, sagte der Präsident und Oberbefehlshaber der Armee am Dienstag. „Ab sofort gibt es für uns nur noch ein einziges Maß, ein einziges Limit. Und das ist die Sicherheit unseres eigenen Landes.“ Mit einer Bodenoffensive ist in den nächsten Tagen zu rechnen.

Soylu: „Werden keinen Terrorstaat zulassen“

Bei seinem Treffen mit seiner deutschen Amtskollegin verteidigte der türkische Innenminister Soylu das türkische Vorgehen in Syrien und dem Irak und sagte, es gebe Bemühungen, dort einen Terrorstaat zu gründen. Das könne Ankara nicht zulassen. Faeser betonte, man stehe an der Seite der Türkei im Kampf gegen den Terrorismus, Zivilisten müssten aber geschützt und Völkerrecht eingehalten werden.

Soylu gilt als nationalistischer Hardliner im Kabinett von Präsident Erdoğan. Bei dem Treffen der beiden Innenminister seien außerdem auch Themen wie die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und Migration besprochen worden, hieß es.

USA: „Selbstverteidigung“

Seit Sonntag fliegt die Türkei in Syrien und im Irak Angriffe auf Stellungen kurdischer Milizen, die sie für den Anschlag am 13. November im Zentrum Istanbuls verantwortlich macht. Ankara greift Ziele in Regionen an, die unter der Kontrolle der syrischen Kurdenmiliz YPG stehen. Die Türkei sieht die YPG als Ableger der PKK. Die PKK gilt unter anderem auch in Deutschland als Terrororganisation, die YPG nicht. Die USA sahen in der YPG einen Partner im Kampf gegen den IS.

Bei einem Drohnengriff auf eine Militärbasis sind Aktivisten zufolge am Dienstag zwei kurdische Kämpfer getötet worden. Der Stützpunkt werde gemeinsam von der US-geführten internationalen Koalition und kurdischen Kämpfern genutzt, meldete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Von US-Seite meldete sich der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, zu Wort. „Die Türkei leidet weiterhin unter einer terroristischen Bedrohung, insbesondere im Süden. Sie haben sicherlich jedes Recht, sich selbst und dann die Bürger zu verteidigen“, sagte er. Bei weiteren Luftangriffen der Türkei am Dienstag starb dem Vernehmen nach ein weiterer kurdischer Kämpfer, mehrere wurden verletzt.

Russland mahnt

Russland mahnte Ankara hingegen zur Zurückhaltung. „Wir hoffen, unsere türkischen Partner davon überzeugen zu können, trotz allem von einer exzessiven Gewaltanwendung auf syrischem Staatsgebiet abzusehen“, sagte der Syrien-Beauftragte des russischen Präsidenten, Alexander Lawrentjew, am Dienstag in der kasachischen Hauptstadt Astana laut der Nachrichtenagentur Interfax. Dort waren neue Gespräche im sogenannten Astana-Format mit Russland, der Türkei und dem Iran angesetzt. Russland unterstützt im syrischen Bürgerkrieg die Regierungstruppen von Präsident Assad.

Lawrentjew sagte, dass Moskau nicht vorab über die türkischen Luftschläge informiert worden sei. Erdoğan hatte am Montag gesagt, auch die USA nicht informiert zu haben. Die Türkei habe es nicht nötig, für Operationen im Land oder an den Grenzen andere Länder zu benachrichtigen.

Barsani verurteilt Angriffe

Die türkische Armee hat nach eigenen Angaben seit Beginn der jüngsten Militäroffensive in Syrien und im Irak 184 „Terroristen neutralisiert“. Den Begriff verwenden Regierung und Streitkräfte der Türkei üblicherweise auch für kurdische Gruppen, die zuletzt in beiden Nachbarländern attackiert wurden. Das türkische Verteidigungsministerium sprach in der Nacht zum Dienstag von Angriffen aus der Luft und mit landgestützten Geschützen. Die genannte Opferzahl ließ sich nicht unabhängig überprüfen.

Iraks Ministerpräsident Mohammed Schia al-Sudani und der Präsident der kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak, Nechirvan Barsani, verurteilten die Verletzungen des irakischen Territoriums bei einem gemeinsamen Treffen am Dienstag. Der Angriff der Türkei auf kurdische Gebiete im Land habe mehrere Menschen getötet, darunter auch Zivilisten.

Die pro-kurdische Oppositionspartei HDP in der Türkei warf der Regierung Erdoğans vor, „Krieg“ aus wahltaktischen Gründen zu treiben und „für den Fortbestand ihrer Herrschaft“ Menschenleben zu missachten. In der Türkei sind Wahlen für Juni 2023 angesetzt. Auch einige Beobachter erwarten, dass die Angriffe größere Zustimmung aus dem nationalistischen Wählermilieu zur Folge haben dürften.

dpa/dtj

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