Menschenrechte
„Ihr werdet Blut spucken“: Minderjährige im Zentrum von Terrorprozess in der Türkei
In Istanbul startet heute der Prozess gegen 15 minderjährige Mädchen. Menschenrechtler werfen der Polizei vor, die Jugendlichen ohne rechtlichen Beistand festgehalten und unter Druck gesetzt zu haben. Der Fall erregt international Aufmerksamkeit.
In Istanbul beginnt heute ein Prozess, der internationale Menschenrechtler alarmiert. 15 Mädchen, die am 7. Mai im Bezirk Beylikdüzü im Rahmen von Terrorermittlungen festgenommen worden waren, stehen im Mittelpunkt der Verhandlungen. Das 24. Hohe Strafgericht in Istanbul wird die Mädchen im Alter von 13 bis 17 Jahren anhören. Eine weitere Person, die kürzlich 18 Jahre alt geworden ist, zählt ebenfalls zu den Festgenommenen. Menschenrechtler kritisieren, dass die Mädchen während ihrer Inhaftierung 16 Stunden lang ohne rechtlichen Beistand auf dem Revier festgehalten und unter psychischen Druck gesetzt worden seien.
Verdacht auf unter Zwang erpresste Aussagen
In der Öffentlichkeit wird spekuliert, dass die Jugendlichen gezwungen worden sein könnten, gegen ihre eigenen Familien auszusagen. Die Ermittlungen konzentrieren sich auf die Gülen-Bewegung, die von der türkischen Regierung für den Putschversuch 2016 verantwortlich gemacht wird – ein Vorwurf, den die Bewegung zurückweist.
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Menschenrechtsorganisationen schlagen Alarm
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Solidarity hat dazu aufgerufen, den Fall genau zu verfolgen. In einem offenen Brief an den türkischen Justizminister Yılmaz Tunç warnen der Bewegung nahestehende Aktivisten vor einem Missbrauch der Anti-Terror-Gesetze zur Unterdrückung der Opposition. Diese Gesetze würden zu breit ausgelegt und könnten sogar Belanglosigkeiten als Terrorismus werten.
Politiker will Prozess vor Ort verfolgen
Die Rechtsanwältin Gizay Dulkadir forderte über Twitter, die Öffentlichkeit solle die Verhandlungen beobachten. Was genau den Mädchen vorgeworfen wird, ist nicht klar. Den Jugendlichen werde vorgeworfen, an Kino- und Bowlingbesuchen teilgenommen zu haben, was als Beleg für terroristische Verbindungen gewertet werde, heißt es in Berichten von Medien, die der Gülen-Bewegung nahestehen.
In einem Gespräch mit dem DEM-Abgeordneten Ömer Faruk Gergerlioğlu berichteten im Mai zwei der betroffenen Mädchen von ihren Erlebnissen. Zümra, eine der Festgenommenen, erklärte: „Wir wurden psychisch unter Druck gesetzt und bekamen bis abends nichts zu essen. Während der Vernehmung wurden wir angeschrien. Sie haben Sachen geschrieben, die wir gar nicht gesagt haben. Bevor wir in die Vernehmung gegangen sind, hat man uns Angst gemacht. Polizisten haben immer wieder gesagt, wir würden in der Vernehmung Blut spucken. Wir wussten gar nicht, warum wir dort waren.“ Gergerlioğlu hat angekündigt, den Prozess vor Ort verfolgen zu wollen.