Connect with us

Politik

Ist Gülen gefährlicher als Öcalan?

Spread the love

Als Gerichte in der Türkei die Bücher Abdullah Öcalans verbieten lassen wollten, hat das türkische Verfassungsgericht die richtige Entscheidung getroffen und das Verbot unter Verweis auf die Meinungsfreiheit kassiert. So viel Rechtsstaatlichkeit kann Fethullah Gülen heute nicht mehr erwarten.

Published

on

Spread the love

Abdullah Öcalan wurde zu lebenslanger Haft verurteilt und sitzt seine Strafe ab. Er führt(e) eine Untergrundorganisation an, die den Tod von ungefähr 30 000 Menschen zu verantworten hat. Nicht nur von der Türkei, sondern auch international wird die PKK als Terrororganisation eingestuft. Trotz alledem sind seine Bücher nicht verboten und ihr Vertrieb nicht untersagt worden. Nachdem einige lokale Gerichte dahingehende Entscheidungen getroffen hatten, hatte das Verfassungsgericht sie aufgehoben.

Das Verfassungsgericht hatte auf Antrag Öcalans das Gerichtsurteil, wonach seine Schriften und Bücher zu verbieten sind, als einen Verstoß gegen die Meinungsfreiheit bewertet und damit eine freiheitliche Sichtweise an den Tag gelegt. Die am 06. Juli 2014 veröffentlichte Verfassungsgerichtsentscheidung lautete wie folgt: „Einer der Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft ist die Meinungsfreiheit. Jeder Mensch hat das Recht, die eigene Meinung darzustellen und sie zu verbreiten. Das ist von der  Pressefreiheit gedeckt. Bei diesen ‚Meinungen‘ geht es nicht nur um das Befürworten von etwas oder um Meinungen, die als harmlos oder gar als uninteressant und nicht einer Beachtung wert gesehen werden, sondern auch um Meinungen, die gegen einen Teil der Gesellschaft oder auch gegen einen Staat selbst sind und damit auffallen, man als unangenehm empfindet. Denn das sind die Notwendigkeiten einer pluralistischen Gesellschaft, der Toleranz und der Weltoffenheit.

Weiterhin heisst es: „Die erste Gerichtsinstanz brachte den Verfasser als Person in Verbindung mit dem Terror und hat das als Erklärung für die Beschlagnahmung und das Verbot seiner Bücher angeführt. Es ist falsch, die Meinungsfreiheit und die Veröffentlichungsfreiheit einer Person einzuschränken, nur weil es sich um eine bestimmte Person handelt und genauso ist es auch falsch, Personen, die einer verbotenen Organisation oder auch deren Führungskader angehören, die Meinungsfreiheit und die Veröffentlichungsfreiheit zu verbieten. Das alles reicht als Begründung für den Eingriff in die Meinungsfreiheit und in die Freiheit, seine Gedanken zu verbreiten, nicht aus.“

Der erstinstanzliche Gerichtsbeschluss, Abdullah Öcalans Bücher* zu konfiszieren, ist damit behoben worden, sie können ohne Einschränkungen ge- und verkauft werden. Über das Vertriebsverbot von Büchern kann nur ein zuständiges Gericht entscheiden. Das Verfassungsgericht hat mit einer richtigen Entscheidung dem Widerspruch Öcalans Recht gegeben und die Befugnisse des Amtsgerichts sehr stark eingeschränkt.

Dieses Bespiel ist deshalb wichtig, weil die Zwangsverwalter der Kaynak Holding sich über das gültige Recht  stellen und verantwortlich für die grösste Zensur der türkischen Geschichte sind. Sie haben tausende Bücher von Fethullah Gülen aus dem Handel genommen. Der Grund sei das aktuell laufende Ermittlungsverfahren gegen Gülen. Man braucht eigentlich gar nicht zu erwähnen, dass es noch keinen Gerichtsbeschluss gibt. Selbst im Fall Öcalan, der zudem aufgrund seiner terroristischen Aktivitäten verurteilt wurde, hat sich das Verfassungsgericht sich gegen die Zensur von Büchern entschieden. Die Zwangsverwalter stellen sich anscheinend über das Verfassungsgericht.

Kurz zur Erinnerung, welche Bücher von Fethullah Gülen eingesammelt wurden: „Das Leben des Propheten Mohammed (Das Unendliche Licht)“, „Kommentar der Sura al-Fatih“, „Erkenntnisse aus dem Koran“, „Im Schatten des Glaubens“, „Der Horizont des Gebets“… Wir sind mit dem Wahnsinn des Vorwurfs konfrontiert, dass das Buch „Das unendliche Licht“ Terroristen züchten würde. Die Zwangsverwalter entziehen Gülen die Freiheit, welche das Verfassungsgericht ohne zu zögern Öcalan zusprach. Diesen Umgang mit Freiheit kennen wir bisher nur aus der Zeit des CHP-Einparteienstaates. Damals hat die Regierung die Bücher von Said Nursi verboten.


* „Kürt Sorununda Demokratik Çözüm Bildirgesi“ (Die Verkündung einer demokratischen Lösung der Kurdenfrage), „12 Eylül Faşizmi ve PKK Direnişi” (Der Faschismus des 12. September und der Widerstand der PKK) und “Kürdistan Devrim Manifestosu, Kürt Sorunu ve Demokratik Ulus Çözümü (Kültürel Soykırım Kıskacında Kürtleri Savunma)” (Das Revolutionäre Manifest Kurdistans, die Kurdenfrage und die Lösung für eine demokratische Nation (Die Verteidigung der Kurden vor dem Würgegriff des kulturellen Völkermords)