Politik
Kann Erdoğan den Ukraine-Krieg verhindern?
In den USA und Europa wächst die Sorge vor einem russischen Einmarsch in die Ukraine. Mehrere Staaten – darunter Deutschland – riefen ihre Bürger am Samstag zur Ausreise aus der Ukraine auf. Die US-Regierung rechnet mit einem möglichen russischen Einmarsch in das Nachbarland noch vor Ende der Woche. Russland bestreitet das und wirft seinerseits den USA vor, mit Warnungen vor einer russischen Aggression die Kriegsgefahr selbst zu erhöhen.
In einem Telefonat warnte US-Präsident Joe Biden Russlands Staatschef Wladimir Putin eindringlich vor einem Einmarsch in die Ukraine. Das Weiße Haus teilte am Samstag nach dem Gespräch mit, Biden habe betont, eine Invasion würde „großes menschliches Leid verursachen und das Ansehen Russlands schmälern“. Die Folge wäre eine entschlossene Reaktion der USA und ihrer Verbündeten, was schwere Konsequenzen für Moskau hätte. Biden habe erneut klargemacht, die USA seien weiter bereit zu diplomatischen Gesprächen, aber „ebenso auf andere Szenarien vorbereitet“.
Türkei muss bei NATO-Entscheidung mitziehen
Große Abhängigkeit zu Russland
Erdoğan als Friedensstifter?
Schon allein der Verkauf von sechs unbemannten Kampfdrohnen des türkischen Modells „Bayraktar“ an die Ukraine sorgte für Spannungen in den türkisch-russischen Beziehungen. Im Falle einer NATO-Entscheidung, Sanktionen gegen Russland einzuleiten, müsste sich die Türkei als Partnerstaat daran beteiligen.
In jedem Fall wird es extrem kompliziert für die türkische Regierung, eine neutrale Position im Ukraine-Konflikt einzunehmen. Nicht ohne Grund versucht der türkische Staatspräsident in diesem Zusammenhang also eine Vermittlerrolle einzunehmen. Es ist seine einzige Chance, in dieser Krise so wenig Schaden wie möglich zu nehmen. Erdoğan versucht nach wie vor, den ukrainischen Präsidenten Volodymyr Selensky und dessen russischen Gegenüber Wladimir Putin an einen Tisch zu bringen, womöglich in der Türkei.
Das Angebot des türkischen Präsidenten nahm Kiew an, die Reaktion aus Moskau war jedoch eher verhalten ausgefallen. Angenommen diese Haltung der Russen würde sich verändern, könnte Erdoğan international eine besondere Position als „Friedensstifter“ einnehmen. Nach mehreren diplomatischen Krisen mit westeuropäischen Staaten könnte dies das Image des Landes und von ihm mächtig aufpolieren.