Politik

Nächstes Treffen in der Türkei: Kiew wirft Moskau Zeitspiel vor

  • Juni 3, 2025
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Nächstes Treffen in der Türkei: Kiew wirft Moskau Zeitspiel vor

Die Ukraine und Russland haben in Istanbul einen weiteren Gefangenenaustausch vereinbart. Die Ukraine wirft der russischen Seite vor, bei den Friedensgesprächen Zeit zu schinden.

Nach einer neuen Verhandlungsrunde zwischen Moskau und Kiew wirft der ukrainische Verhandlungsführer Russland vor, auf Zeit zu spielen. Auf Facebook bezichtigte der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow Moskau, die von Kiew angestrebte 30-tägige Feuerpause als Grundlage für weitere Friedensgespräche weiter abzulehnen. „Russland lehnt selbst den Gedanken an eine Einstellung des Tötens ab“, schrieb Umjerow. Russland habe sein Memorandum für die Gespräche bewusst bis zum Beginn des Treffens im Istanbuler Çırağan-Palast zurückgehalten und damit eine Nebelwand aufgebaut. Während die Ukraine ihr Memorandum mit den Vorstellungen über einen Weg zum Frieden schon Tage vor dem Treffen übergeben hatte, wartete Russland bis zum Auftakt der neuen Verhandlungsrunde. „Es hat den Anschein, dass die Russen erneut eine Verzögerungstaktik verfolgen und versuchen, den Vereinigten Staaten ein „Bild der Diplomatie“ zu vermitteln, ohne wirklich etwas zu unternehmen.“

Bei der neuesten Verhandlungsrunde, die nur eine knappe Stunde gedauert hatte, vereinbarten Russland und die Ukraine lediglich den nächsten Austausch von Kriegsgefangenen. „Es wird 1.000 gegen 1.000 geben. Vielleicht noch weitere 200 gegen 200“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Kiew wolle weitere Militärs, aber auch politische Gefangene und Journalisten freibekommen. Ein vorbereitender Austausch von Namenslisten und deren anschließende Überprüfung sollen noch in der laufenden Woche erfolgen. Vorher hatte Umjerow, bekanntgegeben, dass es bei dem Austausch vor allem um schwer verletzte und schwer kranke Kriegsgefangene und junge Soldaten im Alter zwischen 18 und 25 gehen soll. Selenskyj bestätigte zudem, dass die Rückgabe von jeweils 6.000 Soldatenleichen geplant sei. Schon die Verhandlungsrunde, die ebenfalls in Istanbul stattfand, zuvor war weitestgehend ergebnislos zu Ende gegangen.

Neue russische Drohnenangriffe – Selenskyj feiert „brillante Operation“ erneut

Wenige Stunden nach den Friedensverhandlungen setzte das russische Militär erneut Drohnenschwärme gegen Ziele in der Ukraine ein. In zahlreichen ukrainischen Regionen, darunter auch Kiew, wurde in der Nacht Luftalarm ausgelöst. Aus Charkiw, Tschernihiw und Mykolajiw wurden Explosionen gemeldet, in Poltawa fiel nach einer Explosion der Strom aus. Nach ersten Medienberichten wurden bei den Attacken mehrere Menschen verletzt.

Nach dem ukrainischen Überraschungsangriff gegen russische Militärflugplätze vom Vortag sprach Selenskyj erneut von einer „brillanten Operation“. Dabei empfand er kein Mitgefühl, falls Russland über den Verlust strategischer Bomber verärgert sei. Im Krieg gebe es täglich Verluste, schrieb Selenskyj auf X. „Nein, niemanden kümmert es, wenn Russland verärgert ist.“ Der ukrainische Geheimdienst hatte tags zuvor in einer lange vorbereiteten, spektakulären Aktion russische Militärflugplätze mit Kampfdrohnen angegriffen und dabei nach eigenen Angaben etwa ein Drittel der russischen Flotte an strategischen Bombern am Boden zerstört.

Ukraine zu NATO-Gipfel in Den Haag eingeladen

Kiew hat derweil eine Einladung zum kommenden NATO-Gipfel in Den Haag erhalten. „Ich denke, das ist wichtig“, sagte Präsident Selenskyj. Die Einladung sei bei seinem Gespräch mit NATO-Generalsekretär Mark Rutte in Vilnius erfolgt. Außenminister Andrij Sybiha sei mit der Vorbereitung des Treffens beauftragt worden. Ob Selenskyj selbst in die Niederlande reist, ließ er offen. Der Gipfel der Mitgliedsstaaten des Militärbündnisses tagt in knapp drei Wochen in Den Haag.

Die Verhinderung des von Kiew angestrebten und verfassungsrechtlich verankerten NATO-Beitritts ist für den Kreml einer der Hauptgründe für den Krieg.

Von der Leyen will weitere Russland-Sanktionen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen setzt sich persönlich für weitere Sanktionen gegen Russland ein, sollte es bei Friedensgesprächen zum Ukraine-Krieg keine Fortschritte geben. „Wir stehen in Europa bereit“, sagte sie in der ZDF-Sendung „Was nun?“.

Wenn Kremlchef Wladimir Putin nicht ernsthaft an den Verhandlungstisch komme, werde es weitere Sanktionen geben, etwa gegen die Gaspipelines Nord Stream oder die russische Schattenflotte. Sie habe am Morgen zudem mit US-Senator Lindsey Graham gesprochen, der für den US-Senat ein weiteres Sanktionspaket vorbereite.

Die EU hatte vor kurzem ein 17. Sanktionspaket gegen Russland in Kraft gesetzt. Ein 18. Paket ist in Planung. Es soll unter anderem die Wiederaufnahme des Betriebs der Nord-Stream-Gaspipelines verhindern. Zudem sind eine Senkung des Preisdeckels für russisches Öl sowie weitere Sanktionen gegen den russischen Finanzsektor vorgesehen. Auch aus den USA sind weitere Russland-Sanktionen möglich.

dpa/dtj

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