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Politik

Türkei zwischen NATO und BRICS: Erdoğans Balanceakt

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Der russische Präsident Wladimir Putin (r.) mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan am Rande des BRICS-Gipfels in Kasan. Foto: Mikhail Metzel/Pool Sputnik Kremlin /dpa
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Trotz ihrer tiefen Verankerung in der NATO pflegt die Türkei unter Präsident Erdoğan eine strategische Freundschaft mit Russland. Mit dem Interesse am BRICS-Bündnis stellt sich die Frage: Welche außenpolitische Strategie verfolgt die Türkei eigentlich?

Die Türkei, eines der Gründungsmitglieder der NATO, verfolgt unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan eine besondere Freundschaft mit Russland. Trotz ihrer westlichen Bündnisverpflichtungen betreibt Ankara eine eigenständige Außenpolitik, die auf den Ausbau strategischer Beziehungen zu Moskau abzielt.

Plant die Türkei eine Abkehr vom Westen oder verfolgt sie einen differenzierteren Kurs? Eine Antwort hielt der 16. BRICS-Gipfel in Kasan bereit. Dort war Erdoğan erneut als Beobachter zugegen – und traf den russischen Präsidenten zu bilateralen Konsultationen. So erregte seine Teilnahme besonderes Aufsehen. Strebt die Türkei offiziell eine BRICS-Mitgliedschaft an?

NATO-Staaten sehen türkisches BRICS-Engagement überwiegend kritisch

Während die Erdoğan-Regierung zunächst dementierte, stellte Außenminister Hakan Fidan klar, dass die Türkei ihr Interesse an einem Beitritt bekundet habe. Sollte es dazu kommen, wäre die Türkei der erste NATO-Staat in diesem nicht-westlichen Bündnis. Wladimir Putin bezeichnete der türkische Präsident als seinen „verehrten Freund“. Ein Affront.

So schauten viele NATO-Staaten mit Argwohn auf das Treffen, da BRICS – insbesondere durch die Führungsrolle von Russland und China – oft als Gegenpol zum Westen betrachtet wird. Hinzu kommt: Die Türkei spielt eine Schlüsselrolle in der NATO, insbesondere durch die Sicherung der Südostflanke des Bündnisses und ihre bedeutende militärische Stärke. Der neue Generalsekretär Mark Rutte hingegen kommentierte die Teilnahme der Türkei gelassen. „Wir wissen, dass die Türkei auch mit einigen BRICS-Partnern zusammenarbeitet. Es ist ihr souveränes Recht, dies zu tun“, so der Niederländer.

Terroranschlag überschattet BRICS-Gipfel

Erdoğan verfolgt eine zunehmend unabhängige Außenpolitik, die darauf abzielt, die globale Bedeutung der Türkei zu stärken. In einer Rede erklärte er, dass die Türkei weder dem Westen noch dem Osten den Rücken zukehren werde. In Zeiten wachsender Spannungen sei es notwendig, ein Gleichgewicht in den internationalen Beziehungen zu wahren.

Russland und die Türkei: Es ist kompliziert

Das Treffen zwischen Erdoğan und Putin auf dem BRICS-Gipfel wurde indes von einem Anschlag in Ankara überschattet. Das türkische Luft- und Raumfahrtunternehmen TUSAŞ war Ziel eines Angriffs, zu dem sich die PKK inzwischen bekannt hat. Erdoğan und Putin verurteilten den Anschlag umgehend und beschworen ihre Solidarität.

Kritik an der EU – Westen in der Defensive

Ein wesentlicher Grund für die Annäherung der Türkei an alternative Bündnisse wie BRICS liegt in den langjährigen Spannungen mit der EU. Nach Jahrzehnten vergeblicher Bemühungen um einen EU-Beitritt übt die türkische Regierung zunehmend Kritik an der europäischen Gemeinschaft.

Auch das Verhältnis zu den USA hat sich abgekühlt. In der türkischen Öffentlichkeit wird Amerika zunehmend negativ wahrgenommen, was zu einer allgemeinen Skepsis gegenüber dem Westen führt. Der befindet sich ob Erdoğans Ambitionen zunehmend in der Defensive. Ob die Teilnahme am BRICS-Treffen ein Störfeuer bleibt oder größere Konsequenzen haben wird – die Antwort liefert Erdoğan. Bestimmt.