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Türkische Finanzmärkte im Krisenmodus

  • März 22, 2025
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Türkische Finanzmärkte im Krisenmodus

Die wirtschaftliche und politische Unsicherheit in der Türkei hat zu massiven Turbulenzen an den Finanzmärkten geführt. Nach dem dramatischen Absturz der Lira, fallenden Aktienkursen und steigenden Renditen von Staatsanleihen beruhigte sich die Lage etwas – doch die Unsicherheit bleibt.

Hintergrund der jüngsten Marktturbulenzen ist die politische Eskalation in der Türkei. Wenige Tage vor seiner möglichen Ernennung zum Präsidentschaftskandidaten wurde gegen den Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu ein Haftbefehl erlassen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem Korruption und die Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation vor. Seine Partei sprach von einem Versuch eines Staatsstreichs und rief zu landesweiten Protesten auf. Gestern wurde der Politiker vernommen und stritt alle Anschuldigungen ab.

Die politischen Entwicklungen lösten an den Finanzmärkten eine panische Reaktion aus. Die Lira verlor zeitweise mehr als elf Prozent an Wert und sank gegenüber dem US-Dollar auf ein historisches Tief. Zwischenzeitlich mussten für einen Dollar über 40 Lira gezahlt werden, für einen Euro sogar mehr als 43 Lira. Dies entspricht einem Wechselkurs von nur noch 2,4 Eurocent pro Lira.

Aktienmarkt und Anleihen unter Druck

Auch die Börse reagierte heftig: Der Leitindex BIST 100 rutschte am Mittwoch um fast sieben Prozent ab, Bankenwerte verloren sogar mehr als neun Prozent. Die extreme Volatilität führte dazu, dass der Handel zeitweise ausgesetzt wurde. Schätzungen zufolge wurden durch den Kursverfall rund zehn Milliarden Dollar an Marktwert vernichtet.

Auch am Anleihemarkt kam es zu heftigen Ausschlägen. Die Rendite einer zehnjährigen, in US-Dollar notierten Staatsanleihe sprang zwischenzeitlich um mehr als 200 Basispunkte auf knapp 7,4 Prozent. Für vergleichbare Anleihen in heimischer Währung wurden fast 30 Prozent Rendite verlangt – ein Zeichen des wachsenden Misstrauens der Investoren.

Interventionen und Stabilisierung

Um die Finanzmärkte zu beruhigen, griffen Zentralbank und Börsenaufsicht ein. Die Notenbank erklärte, sie beobachte die Lage genau und sei bereit, bei Bedarf einzugreifen. Laut Analysten hat die Zentralbank inzwischen Devisenreserven von rund 150 Milliarden Dollar angehäuft, mit denen sie die Lira stützen kann.

Festnahme İmamoğlus: Der alte Mann hat Angst

Darüber hinaus lockerte die Börsenaufsicht die Regeln für Aktienrückkäufe, um den Markt zu stabilisieren. Am Donnerstag zeigte sich der BIST 100 zunächst erholt, fiel aber im Tagesverlauf erneut bis auf 9.682 Punkte. Die Lira konnte sich leicht stabilisieren, bleibt aber extrem volatil.

Reißt die Türkei nun andere Märkte mit? Tatsächlich hatten zuletzt eine Leitzinssenkung und die Hoffnung auf engere Beziehungen zur EU eher für Kapitalzuflüsse gesorgt. Die Inflation ist zwar mit 39,05 Prozent im Februar noch immer extrem hoch. Erstmals seit Mitte 2023 fiel sie aber unter die 40-Prozent-Marke.

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Stefan Kreitewolf