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4 Jahren agoon
Partnerschaft trotz Differenzen? Recep Tayyip Erdoğan möchte stärker mit der neuen US-Regierung unter Joe Biden zusammenarbeiten. Kurz zuvor sorgte ein Militäreinsatz gegen die PKK für Spannungen zwischen den Nato-Partnern. Kein Einzelfall.
Recep Tayyip Erdoğan war sich ganz sicher: „Wir glauben, dass unsere gemeinsamen Interessen mit Amerika unsere Differenzen überwiegen.“ In einer Videobotschaft bekräftigte er seine Absichten, die Beziehungen zwischen den Ländern „langfristig, basierend auf einer Win-win-Situation“ zu stärken.
Erdoğans Wortmeldung gingen Spannungen wegen eines Militäreinsatzes gegen die Terrorgruppe PKK voraus: Die neue US-Regierung unter Joe Biden verstimmte Ankara mit einem Statement, bei der es um den Tod der 13 türkischen Geiseln in Gara ging, die sehr wahrscheinlich durch die PKK hingerichtet wurden. Der türkische Präsident nannte es einen „Witz“ und eine „Schande“.
Biden schlage sich auf die Seite von Terroristen. „Entweder handle mit der Türkei ohne Wenn und Aber, und ohne Fragen zu stellen, oder sei ein Partner bei jedem Mord und Blutvergießen“, sagte Erdoğan Medienberichten zufolge. Wenige Tage später nun die Kehrtwende: Der türkische Präsident gab zu, dass das Verhältnis zu den USA „ernsthaft auf die Probe gestellt“ worden sei. Dennoch habe die „US-türkische strategische Partnerschaft alle Schwierigkeiten überwunden“.
Biden dürfte das nicht überraschen. Er kennt sich in der Türkei aus. Der Politiker hat das Land mehrfach bereist und schon in seiner Funktion als Vizepräsident von Barack Obama die Demokratiedefizite im Land offen kritisiert. Vor gut einem Jahr bezeichnete Biden den türkischen Präsidenten als „Autokraten“ und rief zur Unterstützung der türkischen Opposition auf (DTJ-Online berichtete), was in der Türkei allerdings parteiübergreifend nicht besonders gut ankam.
Ankara ist nach dem Abtritt von Donald Trump auf Versöhnungskurs mit Washington. Das zeigt auch die Wiederannäherung an Israel, die Erdoğan einen Tag nach der Wahl Bidens vorantrieb. So versuchte der türkische Präsident früh bei der neuen US-Administration zu punkten.
Dass Erdoğan versucht, enger mit Washington zusammenzuarbeiten, zeugt von einer außenpolitischen Kurskorrektur. Wie ernst es der starke Mann in Ankara mit seiner Entspannungspolitik meint, werden die kommenden Wochen zeigen. Die Kurden in Nordsyrien, der Konflikt in Libyen, das Kräftemessen auf Zypern und die Gaserkundungen im Mittelmeer: In den türkisch-amerikanischen Beziehungen gäbe es genügend Konfliktpotenzial.