Gesellschaft
PKK: Warum der Öcalan-Aufruf Hoffnung auf Frieden nährt
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Friedenssignale aus der Zelle: Nach 40 Jahren des bewaffneten Kampfes fordert PKK-Führer Öcalan ein Ende der Gewalt. Und die PKK will mitziehen. Für die Menschen in der Türkei ist das Grund zur Hoffnung. Wenn Präsident Erdoğan es zulässt. Ein Kommentar.
Ein Handschlag zwischen Rechtsextremen und Kurd:innen, eine atemberaubende Rede im Parlament, ein historischer Aufruf und nun das Ende der PKK? Manchmal lösen sich Jahrzehnte lange Konflikte in Monaten auf. Das zumindest ist die Hoffnung vieler Millionen Türkinnen und Türken, die unter dem sogenannten „Kurdenkonflikt“ litten.
Die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Kurd:innen und dem türkischen Staat kostete seit ihrem Beginn im Jahr 1985 Schätzungen zufolge bis zu 40.000 Menschenleben. Türkische Sicherheitskräfte, PKK-Kämpfer, Zivilisten: In tausenden Gräbern ruhen die Opfer dieses Konflikts. Und immer wieder kamen weitere hinzu.
Kapitulation der gefährlichsten Terrororganisation der Türkei?
Mit dem Aufruf Abdullah Öcalans, der seit 26 Jahren auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali inhaftiert ist, könnte das nun ein Ende haben. Der PKK-Führer rief seine Kämpfer am Donnerstag zum Ende der Gewalt und zur Auflösung der Organisation auf. Und die PKK will ihm folgen, das ließ sie am Morgen danach verlautbaren. Und das ist nicht weniger als die Kapitulation der gefährlichsten Terrororganisation der Türkei.
Öcalan sprach in seinem „historischen Aufruf“ davon, dass es mittlerweile andere, politische Möglichkeiten gebe als den bewaffneten Kampf, um für die Rechte der Kurd:innen einzustehen. Gemeint sind die kurdischen politischen Parteien, die seit den 1990er-Jahren die rot-weiß-grünen Farben hochhalten.
Ende der Repression und Schikane?
Nun ist kluges Handeln gefragt. Denn wenn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan dazu bereit ist, der ebenfalls von einer „großen Chance“ sprach, könnte das in der Türkei und auch in Syrien eine neue Ära einleiten. Es braucht einen konstruktiven Ansatz – und ein Ende der Repression und Schikane, die seit Jahren die politische Arbeit der Kurdenparteien behindern.
Historischer Aufruf: PKK-Chef Öcalan fordert Ende des bewaffneten Kampfes
Sollte ihr parlamentarisches Engagement tatsächlich als legitim anerkannt werden, hätte das eine Signalwirkung auf Syrien. Der Chef der dortigen kurdischen YPG-Miliz Mazlum Abdi, hatte zwar erläutert, der Aufruf Öcalans richte sich nicht an die syrischen Kurden. Dennoch habe eine Verständigung der türkischen Regierung mit der PKK auch positive Auswirkungen auf Syrien.
Will Erdoğan wirklich Frieden?
Ob ein dauerhafter Waffenstillstand mit der PKK aber tatsächlich eine Entspannung der Lage in Syrien brächte, ist indes fraglich. Zumindest stünden die kurdischen Parteien dort nicht mehr unter PKK-Generalverdacht. Auch das türkische Argument für die vergangenen Militäroffensiven – Ankara müsse die Bildung eines PKK-Staats an ihrer Grenze militärisch verhindern – wäre hinfällig.
Der türkische Präsident hat nun das Heft des Handelns in der Hand. Für ein dauerhaftes Ende der Gewalt müsste er den Kurd:innen – immerhin ein Fünftel der Bevölkerung – gleiche Rechte garantieren und mehr Wohlstand ermöglichen. Die Frage ist nur: Will Erdoğan wirklich Frieden?