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Politik

Vier Gründe, warum die Razzien rechtswidrig sind

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Die jüngsten Verhaftungen von Polizeibeamten sollen die Retourkutsche für die Korruptionsermittlungen gegen regierungsnahe Kreise darstellen. Eine gesetzliche Grundlage dafür besteht indessen nicht.

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Türkische Polizeibeamte, die bei den Ermittlungen am 17. und 25. Dezember 2013 der ermittelnden Staatsanwaltschaft untergeordnet waren, sitzen in U-Haft. Das ist aus mehreren Gründen rechtswidrig und stellt eine Straftat nach den aktuell gültigen Gesetzen dar. Warum?

1) Für die Dauer staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen unterliegen Polizisten nur den Anweisungen des ermittelnden Staatsanwalts und dürfen auch nicht ihren direkten Amtsvorgesetzten über den Stand der Ermittlungen informieren. Die Korruptionsermittlungen, welche die Razzien des 17. Dezember zur Folge hatten, sind auf Anweisung der ermittelnden Staatsanwälte und der jeweils betrauten Richter ausgeführt worden. Falls ein Strafbestand oder Missachtung von Kompetenzen vorliegen sollte, so ist nicht der Polizeibeamte, der den Anweisungen des Staatsanwalts Folge leisten muss, dafür verantwortlich, sondern der jeweilige Staatsanwalt oder Richter, der die Ermittlungen leitet und weisungsbefugt ist. Polizisten sind den Weisungen des jeweils ermittelnden Staatsanwalts unterworfen.

2) Von Beginn an war der einzige Vorwurf, der den Polizeibeamten, die an den Ermittlungen beteiligt waren, gemacht wurde, dass sie ihre polizeilichen Amtsvorgesetzten über die Ermittlungen nicht informiert hätten. Dies zu unterlassen, entsprach und entspricht aber aktueller Gesetzeslage. Die Polizisten hätten gar nicht anders handeln  dürfen. Um dies zu ändern hat die AKP-Regierung zwar die Verordnung zur Amtshilfe für staatsanwaltliche Ermittlungen geändert, diese Änderung ist aber mittlerweile wieder höchstrichterlich vom Staatsrat (Danıştay) kassiert worden.

3) Die Ermittlungen zu den Korruptionsvorwürfen sind noch nicht abgeschlossen. Auf der einen Seite beschäftigt sich das zuständige erstinstanzliche Gericht damit, auf der anderen Seite das Parlament, das allein befugt ist, Ermittlungen gegen Minister zu ermöglichen. Solange diese Ermittlungen nicht juristisch einwandfrei abgeschlossen sind, darf zusätzlich zu ein- und demselben Ermittlungsverfahren kein weiteres aufgenommen werden. Der Parlamentsausschuss hat seine Arbeit bislang jedoch noch nicht einmal aufnehmen können.

Nach Annahme des noch ausstehenden Abschlussberichts des Ausschusses müsste sich das Parlament damit beschäftigen und zu einer verbindlichen Entscheidung kommen. Weitere Maßnahme zu treffen, ohne dieses Procedere abzuwarten, kommt einer Missachtung des Parlamentswillens gleich. Gibt es eine Garantie dafür, dass nach Ende der Ermittlungen kein Gerichtsverfahren gegen die Verdächtigen eingeleitet wird oder sie nach solch einem Verfahren von allen Vorwürfen freigesprochen werden? Das Recht und die allgemein verbindlichen Gesetze lassen ein Verfahren gegen Polizeibeamte, die an den Ermittlungen beteiligt waren, jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu.

4) Der Ministerpräsident kündigt seit Monaten ein härteres Vorgehen gegen seine Widersacher an. Er hat mit Blick auf die Gerichtsverfahren und Ermittlungen Anweisungen erteilt und somit die Gewaltenteilung für nichtig erklärt. In mehreren Interviews hat er das auch offen gesagt. Als Ministerpräsident Gerichten Anweisungen zu erteilen, gegen welche Personen oder Gruppen Verfahren einzuleiten sind, ist genauso rechtswidrig wie diese des politischen Drucks wegen auszuführen.