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China-Besuch: UN-Menschenrechtskommissarin löst Ärger und Unverständnis aus
Erstmals seit 17 Jahren besucht eine UN-Menschenrechtskommissarin China. Mit Kritik an der dortigen Regierung hält sich Michelle Bachelet jedoch zurück – sehr zum Ärger internationaler NGOs und der Bundesregierung.
Die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet hat zum Abschluss ihres umstrittenen China-Besuchs Kritik größtenteils ausgespart. Es habe sich bei ihrem Besuch nicht um eine „Untersuchung“ gehandelt, sagte Bachelet am Samstag bei der Abschlusskonferenz in der südchinesischen Stadt Guangzhou. Sie habe die chinesische Regierung dazu aufgefordert, ihre Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung zu überprüfen, damit diese internationalen Menschenrechtsstandards entsprechen. Direkte Kritik, vor allem am Umgang mit den Uiguren, äußerte sie nicht.
Internationale Aktivistengruppen zeigten sich enttäuscht. „Die Hochkommissarin hat der chinesischen Regierung einen politischen Erfolg beschert“, teilte der Geschäftsführer der NGO „International Campaign for Tibet“, Kai Müller, mit. Bachelet habe es versäumt, die „systematischen und fürchterlichen Menschenrechtsverletzungen“ der chinesischen Regierung beim Namen zu nennen.
Blinken wittert Manipulation
Die 70-Jährige besuchte während ihrer sechstägigen Reise unter anderem die Städte Kashgar und Ürümqi in der nordwestchinesischen Region Xinjiang, wo nach Angaben von Menschenrechtlern Hunderttausende von Uiguren und Mitglieder anderer Minderheiten in sogenannte Umerziehungslager gesteckt worden sind. Dort traf sie auch mit hochrangigen Regierungsvertretern zusammen. Dabei habe sie nach eigenen Angaben auch unüberwachten Zugang zu Vertretern der Zivilgesellschaft und religiöser Gruppen erhalten.
US-Außenminister Antony Blinken äußerte sich dagegen besorgt über die Bemühungen der chinesischen Regierung, Bachelets Besuch „zu beschränken und zu manipulieren“. Blinken beklagte: „Wir sind besorgt darüber, dass die von den Pekinger Behörden auferlegten Bedingungen keine vollständige und unabhängige Bewertung der Menschenrechtslage in der Volksrepublik China einschließlich Xinjiang ermöglicht haben, wo Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit stattfinden.“
Berlin enttäuscht
Die Bundesregierung hat sich ebenfalls enttäuscht über den Besuch geäußert. Das Auswärtige Amt verwies am Montag in Berlin darauf, dass Außenministerin Annalena Baerbock nach neuen Vorwürfen schwerer Menschenrechtsverletzungen in der nordwestchinesischen Region Xinjiang Aufklärung gefordert habe. Bachelets Reise habe „dieser Erwartung nicht gerecht werden“ können, sagte ein Sprecher. Aufgrund von Beschränkungen sei kein freier, ungehinderter Zugang zu Personen und Orten möglich gewesen. „Eine unabhängige Einschätzung der Lage vor Ort war dadurch ausgeschlossen.“
Mit Bachelet ist erstmals seit 17 Jahren wieder eine UN-Menschenrechtskommissarin in die Volksrepublik China eingereist. Dem Besuch war ein langes Tauziehen vorangegangen. Schon seit 2019 lag Bachelet eine chinesische Einladung vor. Peking wollte jedoch zunächst nicht auf ihre Bedingungen dafür eingehen. Dazu gehört der ungehinderte und unüberwachte Zugang zu Gesprächspartnern.
UN-Bericht liegt immer noch nicht vor
Vor Monaten sollte Bachelets Büro einen mit Spannung erwarteten Bericht über Xinjiang vorlegen. Die Veröffentlichung wurde jedoch immer wieder hinausgeschoben. Bereits 2018 sprach sie bei ihrer ersten Rede vor dem UN-Menschenrechtsrat von „zutiefst beunruhigenden Vorwürfen über willkürliche Inhaftierungen von Uiguren und anderen muslimischen Gemeinschaften (…) in sogenannten Umerziehungslagern in ganz Xinjiang“.
Beobachter vermuten hinter der verzögerten Veröffentlichung Druck aus China, das eine Bekanntgabe vor den Olympischen Winterspielen in Peking oder vor ihrer Visite verhindern wollte, wie es hieß. Bachelets Bericht war im vergangenen Jahr schon fertig. Das Vorgehen brachte ihr viel Kritik ein. Mit der China-Reise steht jetzt aus Sicht von Aktivisten nicht nur ihre eigene Glaubwürdigkeit auf dem Spiel, sondern auch die des Menschenrechtssystems der Vereinten Nationen, in denen China als Veto-Macht im Sicherheitsrat seinen Einfluss geltend macht.
dpa/dtj