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Christoph Daum: Mein persönlicher Abschied von einem Fußball-Großmeister

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Archivfoto: Christoph Daum im einstigen Inönü-Stadion von Beşiktaş. Foto: Beşiktaş
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Christoph Daum, der charismatische Trainer, der die Fußballwelt mit seinem einzigartigen Stil prägte, ist am Wochenende im Alter von 70 Jahren verstorben. Sein unvergesslicher Erfolg und seine leidenschaftliche Art werden in den Herzen von Fans und Spielern für immer lebendig bleiben. Vor allem in der Türkei, wo er mehrere Titel sammelte.

Es ist eines der ersten Dinge, an die ich mich rückblickend erinnere: Ich müsste um die fünf Jahre alt gewesen sein, als meine beiden älteren Brüder mich mit Ülker Çikolatalı Gofret (türkische Neapolitaner-Waffel) bestechen wollten. Einer wollte nämlich, dass ich Galatasaray-Fan werde, der andere, dass ich Beşiktaş die Treue schwöre. Ich entschied mich für die Schwarzen Adler – ob die Schokolade besser schmeckte oder warum letztlich genau, weiß ich nicht mehr. Doch eins weiß ich noch ganz gut: Am Feldrand stand ein blonder Mann mit durchdringendem Blick und einer Präsenz, die selbst über den Fernseher spürbar war. Es war Christoph Daum, der erste Trainer, mit dem meine ausgewählte Mannschaft den Meistertitel holte. In diesem Moment begann meine lebenslange Faszination für den Fußball.

Ein erfolgreicher Start in Deutschland

Christoph Daum, geboren am 24. Oktober 1953 in Zwickau, startete seine Trainerkarriere in den 1980er Jahren und erarbeitete sich schnell einen Namen in der Bundesliga. Bei seiner ersten Station als Cheftrainer beim 1. FC Köln führte er das Team 1986 ins UEFA-Pokal-Halbfinale und 1989 zur Vizemeisterschaft. Doch seinen Durchbruch erlebte er 1992 beim VfB Stuttgart, wo er die Meisterschaft gewann und sich als einer der besten Trainer Europas etablierte. Es sollte dennoch seine einzige Meisterschaft in Deutschland bleiben.

Die Türkei: Eine zweite Heimat

Daums Karriere führte ihn 1994 für zweieinhalb Jahre in die Türkei, wo er bei Beşiktaş meins und die Herzen vieler anderer Fans eroberte. In der Saison 1994/95 führte er den Club zur Meisterschaft und zum Gewinn des türkischen Pokals. Auch Jahre später noch erinnere ich mich lebhaft an Daum, wie er seine Mannschaft mit leidenschaftlichen Gesten und unermüdlichem Einsatz antrieb. Daum prägte den türkischen Fußball nachhaltig und hinterließ Spuren, die auch heute noch präsent sind.

Rückkehr und Erfolge bei Fenerbahçe

Nach erfolgreichen Jahren in Leverkusen, einem erneuten Jahr bei Beşiktaş und Österreich kehrte Daum in die Türkei zurück, diesmal zu Fenerbahçe. Obwohl es für mich als Beşiktaş-Fan schwer war, ihn beim Rivalen zu sehen, konnte ich nicht leugnen, dass Daum auf fast jeder seiner Stationen Erfolg hatte. Dort führte er den Club in den Jahren 2003/04 und 2004/05 zu zwei Meisterschaften. Ein besonders denkwürdiger Moment war das dramatische Ende der Saison 2005/06. Trotz eines dominanten Auftretens während der gesamten Spielzeit verpasste Fener am letzten Spieltag die Meisterschaft nach einem Unentschieden gegen Denizlispor. Acun Ilıcalı, ein bereits damals prominenter türkischer Fernsehmoderator und Vizepräsident von Fenerbahçe, sagte später über diesen bitteren Moment: „Christoph Daum hat uns großartige Meisterschaften beschert, doch sein dritter Titel wurde ihm durch ein seltsames Spiel genommen.“

„Man wird mich häufiger in der Moschee sehen“

Legenden trauern

Daums Einfluss auf den türkischen Fußball ist unvergesslich, was sich seit gestern auch in den Reaktionen zahlreicher prominenter Persönlichkeiten zeigt. Alex de Souza, eine Legende bei Fenerbahçe und jetzt Trainer bei Antalyaspor, äußerte sich emotional: „Er war die wichtigste Person, die mich in die Türkei brachte. Ich schulde ihm so viel, meinen sportlichen Erfolg bei Fenerbahçe habe ich hauptsächlich ihm zu verdanken. Ich danke ihm für alles, was er für mich getan hat. Es ist ein trauriger Tag für mich, da ich eine sehr wichtige Person in meinem Leben verloren habe.“

Volkan Demirel, der langjährige Torwart von Fenerbahçe, und Serhat Akın, ein weiterer Spieler, der unter Daum bei Fener spielte, blickten ebenfalls mit großer Dankbarkeit auf ihren ehemaligen Trainer zurück. „Ich bin sehr traurig. Alles, was ich von ihm gelernt habe, wird mir für immer bleiben. Ich werde Christoph Daum niemals vergessen“, sagte Akın.

Eine prägende Zeit in Österreich, meiner zweiten Heimat

Daums Erfolgshunger führte ihn sehr zu meiner Freude wie oben erwähnt zwischenzeitlich auch nach Österreich, wo ich den Großteil meines bisherigen Lebens verbracht habe. Auch hier hatte er Erfolg: Mit Austria Wien gewann er 2003 die Meisterschaft. In der österreichischen Hauptstadt bewies Daum einmal mehr, dass er in der Lage war, Teams in jeder Liga und in jedem Land zu Höchstleistungen zu führen. Die Fans schätzten seine taktische Brillanz und seine Fähigkeit, mit seiner unbändigen Motivation das Beste aus jedem Spieler herauszukitzeln.

Ein harter Kampf gegen den Krebs und ein letztes Lebewohl

In den letzten Jahren seines Lebens kämpfte Daum gegen den Lungenkrebs, eine Diagnose, die er 2022 öffentlich machte. Trotz der Schwere der Krankheit zeigte Daum bis zuletzt seinen unerschütterlichen Kampfgeist. Weggefährten wie Tuncay Şanlı, der unter Daum bei Fenerbahçe und Bursaspor spielte, berichteten, dass Daum bis zuletzt versucht habe, psychisch stark zu bleiben. „Er kämpfte tapfer gegen die Krankheit, aber leider haben wir ihn verloren“, so Şanlı.

Als kleiner Junge hätte ich nie gedacht, dass der blonde Mann am Spielfeldrand, der mich damals so beeindruckte, eines Tages eine solch große Lücke in der Fußballwelt hinterlassen würde. Christoph Daum wird als einer der größten Trainer in Erinnerung bleiben, der die Herzen der Fans und Spieler gleichermaßen gewann.

Toprağın bol olsun, Christoph. Ruhe in Frieden. Dein Einfluss auf den Fußball und die Menschen, die dich kannten, wird niemals verblassen!