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Politik

Dann mit der Türkei? Scholz kann sich EU mit 36 Staaten vorstellen

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Mit Olaf Scholz stellen die europäischen Sozialdemokraten seit zehn Monaten wieder den Regierungschefs im bevölkerungsreichsten EU-Land. Auf ihrem Berliner Kongress feiert die SPE den Kanzler mit viel Applaus – und setzt sich den Sieg bei der Europawahl 2024 zum Ziel.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich auf dem Kongress der europäischen Sozialdemokraten für eine Reform und Erweiterung der Europäischen Union stark gemacht. „Eine geeinte Europäische Union aus 27, 30, 36 Staaten mit dann mehr als 500 Millionen freien und gleichberechtigten Bürgerinnen und Bürgern kann ihr Gewicht in dieser Welt noch stärker zur Geltung bringen“, sagte der Kanzler vor knapp 300 Delegierten der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) in Berlin. „Dass die EU weiter in Richtung Osten wächst, ist für uns alle ein Gewinn.“

Der Kanzler betonte, dass auch die EU selbst sich verändern müsse, um eine Erweiterung zu ermöglichen. Er warb dafür, das Prinzip der Einstimmigkeit für bestimmte Entscheidungen in der Außenpolitik, aber auch in anderen Bereichen wie der Steuerpolitik schrittweise abzuschaffen. „Ich weiß, dass wir da noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen“, sagte der SPD-Politiker. „Aber ich sage auch klar: Wenn ein geopolitisches Europa unser Anspruch ist, dann sind Mehrheitsentscheidungen ein Gewinn und kein Verlust an Souveränität.“

Türkei wartet seit Jahrzehnten

Der EU gehören 27 Staaten an. Es gibt derzeit sieben Beitrittskandidaten. Dazu gehören seit vielen Jahren die Balkanstaaten Albanien, Montenegro, Serbien und Nordmazedonien sowie die Türkei, mit der die Beitrittsverhandlungen aber auf Eis liegen. Im Juni sind die Ukraine und Moldau hinzugekommen. Bosnien-Herzegowina und Georgien haben sich um einen Kandidatenstatus beworben, das Kosovo plant einen Beitrittsantrag.

Scholz betonte, dass bei einer Erweiterung die Sorgen kleinerer EU-Mitgliedstaaten nicht vergessen werden dürften. „Auch in Zukunft muss jedes Land mit seinen Anliegen Gehör finden, alles andere wäre ein Verrat an der europäischen Idee.“

EU-Militär so rasch wie möglich

Scholz setzte sich in seiner Rede auch für eine starke militärische Eigenständigkeit der EU ein. Er forderte eine koordinierte Beschaffung von Waffen und Ausrüstung, eine schnelle Eingreiftruppe der EU bis 2025 und ein echtes EU-Hauptquartier für die europäischen Streitkräfte. „Wir müssen selbstbewusst gemeinsame, europäische Verteidigungsanstrengungen voranbringen.“

Der Kanzler rief die EU-Mitgliedstaaten zudem auf, Konflikte in der Finanz- und Migrationspolitik beizulegen. Migration müsse vorausschauend gestaltet werden. Das bedeute auch, irreguläre Migration zu verringern und zugleich legale Migration und den Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland zu ermöglichen.

Schwede wird Vorsitzender

Der SPE gehören 33 europäische Parteien an. Bereits am Freitagabend hatte der Kongress den ehemaligen schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt. 255 von 262 Delegierten stimmten für den 65-Jährigen, der damit nach elf Jahren den Bulgaren Sergej Stanischew ablöst. Es gab sieben Enthaltungen und keine Gegenstimme.

Löfven, Scholz und SPD-Chef Lars Klingbeil gaben auf dem Kongress als Wahlziel für die Europawahl 2024 aus, dass die Sozialdemokraten wieder zur größten Fraktion im EU-Parlament werden. Derzeit ist die konservative Europäische Volkspartei stärkste Kraft im Europäischen Parlament – vor der Fraktion der Sozialdemokraten und Sozialisten.

„Bella Ciao“ Richtung Iran

In einer Resolution sprach sich der Kongress unter anderem für eine Fortsetzung der – auch militärischen – Unterstützung für die Ukraine aus und für weitere Sanktionen gegen Russland. „Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist nicht nur ein Angriff auf die Souveränität der Ukraine, sondern auch auf die europäische Friedensordnung und die europäischen Werte“, heißt es in der Resolution.

Der Kongress endete am Nachmittag mit einer Solidaritätsbekundung mit den im Iran protestierenden Frauen. Die Delegierten sangen zusammen das Protestlied „Bella Ciao“, das auch Demonstranten im Iran anstimmen.

dpa/dtj

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