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Politik

Der neue Sedat Peker heißt Muhammed Yakut

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Wo steckt Sedat Peker? Der türkische Exil-Mafiosi hatte mit seinem YouTube-Kanal für Aufsehen gesorgt. Dabei veröffentlichte er eine Reihe von Videos, in denen er schwerwiegende Vorwürfe gegen hochrangige Regierungsbeamte und Politiker in der Türkei erhob. Es ging um Korruption, Machtmissbrauch, Verbindungen zwischen der Regierung und der organisierten Kriminalität sowie Auftragsmorde. Doch seit längerer Zeit muss Peker schweigen. Nun tritt womöglich sein Freund Muhammed Yakut an seine Stelle.

Er schlug ein wie eine Bombe. Es machten zuletzt sogar Gerüchte die Runde, dass Sedat Peker von Netflix verfilmt wird. Zeitweise ging die Opposition sogar soweit zu glauben, dass Peker das Ende der Ära Recep Tayyip Erdoğan besiegeln würde. Dieser hatte auch bei seinem letzten Video angekündigt, sich endlich dem Oberthema Erdoğan zu widmen.

Allerdings kam es nicht mehr dazu, da Peker seither verstummt ist. Sein Anwalt Ersan Barkın hat in mehreren TV-Auftritten klar gemacht, dass diese Stille von Peker politisch erzwungen wurde. Die Vereinigten Arabischen Emiraten sind sonst kein sicherer Hafen mehr für Peker. Die ehemals mit der Türkei zerstrittenen Araber haben mit ihm als Faustpfand einen guten Deal mit der Erdoğan-Regierung ausgehandelt.

Türkische Drohnen für die VAE als Deal für Peker-Maulkorb

Noch vor wenigen Jahren waren die Emirate in der Türkei verhasst. Erdoğan behauptete sogar, diese stünden hinter dem Putschversuch vom 15. Juli 2016. Laut Exil-Journalist Cevheri Güven wurde aber ein guter Deal abgeschlossen. Dabei gehe es um die Lieferung türkischer Kampfdrohnen an die VAE. Im Gegenzug bringen sie Peker zum Schweigen.

Peker leidet unter Einschränkungen und kann somit sein Versprechen nicht einhalten und ebenso seine Ehre nicht retten. Denn bei seinen Videos hatte Peker seine Ehre aufs Spiel gesetzt, wenn er „die Sache“ nicht zu Ende bringen würde. Für den Augenblick scheint das nicht mehr möglich zu sein.

Muhammed Yakut: „Ich bin ein guter Freund von Sedat Peker“

Nun tritt der Kurde Muhammed Yakut hervor und verlässt seine Komfortzone. Der Unternehmer einer Familie aus der kurdisch geprägten Stadt Diyarbakır ist reich, mit der politischen Elite offenbar bestens vertraut und im Staat optimal vernetzt. Peker betonte stets, dass es Leute geben, die seinen Auftrag erfüllen würden.

Wie Yakut selbst behauptet, ist er ein guter Freund von Peker. Dies bestätigte Pekers Anwalt Barkın. „Sie sind seit über 25 Jahren befreundet. Ihre Kinder besuchten die selben Schulen“. Ähnlich wie Peker inszeniert sich Yakut als ehrlicher Mann mit Verbindungen zur Unterwelt. Und er macht eines anders. Im Gegensatz zu seinem Freund portioniert er seine Botschaften nicht, sondern haut die Infos direkter raus.

Yakut spricht von Korruption, Vertuschung von Mordfällen und Drogenhandel

In seinen bisher veröffentlichten Videos spricht ein großer Mann in Türkisch, mit deutlichem Akzent. Mal ist er wie in Mafia-Kreisen üblich in schwarzem Anzug und schwarzem Hemd zu sehen. Danach taucht er plötzlich im Trikot von Diyarbakırspor auf. Kein Wunder, da es sich bei Yakut um den Neffen des Ex-Vereinsbosses Abdurrahman Yakut handelt. Er ist vermögend. Wohl auch wegen der Geschäfte seiner Familie mit Erdöl und Plastik.

Den Fall von Rabia Naz Vatan, dem 2018 auf mysteriöse Art und Weise verstorbenen jungen Mädchen, machte Yakut nochmal heiß. Er forderte die Star-Moderatorin Müge Anlı auf, die „Wahrheit“ über diesen Mord öffentlich zu machen. „Du weißt es. Ich gebe dir eine Frist. Aufgrund wessen wird die Wahrheit in ihrem Fall zurückgehalten? Zwinge mich nicht, dich vor der gesamten Öffentlichkeit zu blamieren!“, drohte Yakut.

Das Rätsel um die tote Rabia Naz

Der Fall Rabia Naz könnte für die AKP zum Verhängnis werden

Was war vor fünf Jahren geschehen? Laut Polizei ist der Fall geklärt. Das zum Todeszeitpunkt 11-jährige Mädchen soll durch einen freiwilligen Sprung aus dem fünften Stock ums Leben gekommen sein. Şaban Vatan, der Vater, hat Zweifel und kämpft bis heute für Gerechtigkeit. Demnach soll die Autopsie als Todesursache einen Zusammenprall mit einem Auto festgestellt haben.

Laut dem schmerzerfüllten Vater wurde seine Tochter überfahren. Erst im Anschluss darauf sei der Sturz vom 5. Stock inszeniert worden. Vatan wurde nach der Bekanntmachung seiner Zweifel an dem vermeintlichen Selbstmord seiner Tochter festgenommen. Wegen einer angeblichen psychischen Erkrankung sollte er sogar in eine Anstalt gebracht werden. Aufgrund wachsender öffentlicher Kritik wurde davon letztlich abgesehen.

Yakut: „Rabia Naz wird euch holen!“

„Wenn du spätestens bis eine Woche vor den Wahlen nicht öffentlich machst, was mit Rabia Naz passiert ist, werde ich dich in eine Lage bringen, in der du dich nicht mehr traust, unter die Menschen zu gehen!“ Mit diesen Worten verlieh Yakut seiner Drohung gegen Müge Anlı Gewicht, er habe zudem eine Liste in der Hand. „Haben Serhat Albayrak und Nurettin Canikli dich aufgehalten, oder jemand anders von oben?“

Die Sendung von Müge Anlı hat in der Türkei Kultstatus und ist in etwa mit „Aktenzeichen XY… ungelöst“ zu vergleichen. Anlı behandelt kuriose Fälle, darunter auch Morde, und versucht sie in Kooperation mit den Ermittlungsbehörden aufzuklären. Auch der Fall von Rabia Naz landete in ihrer Sendung, doch wurde nie abschließend aufgeklärt. Doch Yakut behauptet, alle Einzelheiten zu kennen.

Wie viel Blut klebt an den Händen der Regierung Erdoğan wirklich?

Er wisse, welcher Polizeipräsident in der Stadt Giresun und welcher Staatsanwalt in der Sache ihre Finger im Spiel hätten. Und danach wendet sich Yakut an den „Endgegner“ Recep Tayyip Erdoğan: „Du hast permanent die Handgeste Rabia (gemeint sind die vier Finger, die der Präsident bei öffentlichen Auftritten oft in die Höhe streckt, Anm. d. Red.) gezeigt. Bis zu den Wahlen wird die AKP an dem Fall „Rabia“ zugrunde gehen!“, behauptet Yakut. Schon wie Sedat Peker setzt Yakut gezielte Nadelstiche in Richtung Erdoğan.

Während die Türkei durch die Veröffentlichungen von Yakut abermals geschockt ist, wurde Serdar Akinan zwischenzeitlich festgenommen. Der inzwischen wieder freigelassene Journalist war der erste, der die Videos von Yakut ernst nahm und ihn interviewt hat. Seine Festnahme rief allerdings Kritik aus allen Ecken hervor. Selbst AKP-nahe Personen wie die Journalistin Nagehan Alçı lehnten dies als eine Tat ab, die in der Türkei im Jahre 2023 nicht mehr vorkommen dürfe.

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