Connect with us

Panorama

Die letzte Würde: Deutsche Bestatter bergen Tote in der Türkei

Published

on

Spread the love

In der Türkei ist die Suche nach Überlebenden zwei Wochen nach dem Erdbeben weitgehend beendet. Doch noch müssen viele Tote geborgen werden. Dabei hilft auch ein Team deutscher Bestatter.

Dort, wo mal Häuser standen, ist nun ein Krater. Bestatter René Stawinski steht am Rand des Schlunds, in dem Bagger an sechs Schutthaufen arbeiten. Sechs Hochhäuser standen an dieser Stelle im südtürkischen Kahramanmaraş. Sie sind eingestürzt, fast schon zerbröselt. Der Boden ist mit kieselgroßem Schutt übersäht. Ein weißes Tuch mit roten Blumen liegt auf dem Boden, die Luft ist voller Staub. Ein süßlicher Geruch weht aus den Trümmern. So riecht der Tod.

Mehr als zwei Wochen nach dem Erdbeben gibt es kaum noch Hoffnung, hier noch jemanden lebend zu finden. Stawinski ist für die gekommen, die in den Trümmern gestorben sind. Der 48-Jährige aus Sachsen-Anhalt leitet ein Team von zwölf Bestattern aus Deutschland. Deathcare heißt ihre ehrenamtliche Organisation mit Sitz im rheinland-pfälzischen Wörth. Sie hilft bei der Bergung von Leichen und bereitet sie für die Beerdigung vor.

Unter den Trümmerhaufen vor Stawinski vermuten die türkischen Behörden noch zwei Tote. Werden sie gefunden, sollen sie zunächst offiziell identifiziert werden. Dann soll das deutsche Team die Leichen desinfizieren und für die Beerdigung vorbereiten. Anschließend können Verwandte sie mitnehmen und begraben. Für die übliche islamisch-rituelle Waschung ist in der Katastrophe oft keine Zeit.

Schon das zweite Team aus Deutschland

Zehntausende wurden seit dem verheerenden Erdbeben am 6. Februar in der Südtürkei bereits beerdigt. Tausende Tote werden noch unter den Trümmern vermutet. Die Bestatter um Stawinski haben ein erstes Team von Deathcare abgelöst. Um Tote zu bergen, sind die Helfer auf Hinweise von Verwandten oder Behörden angewiesen. Eine möglichst schnelle Bergung ist auch aus hygienischen Gründen erforderlich. Die Zersetzung der Leichen habe trotz der Kälte bereits begonnen, sagt er. Es sei ratsam, sie schnell zu begraben, auch weil die Gefahr von Seuchen bestehe.

Manchmal haben auch die Bestatter Hoffnung, noch jemanden lebend zu finden. Vor wenigen Tagen habe ein Hund angeschlagen, erzählt Stawinski. Die Wärmebildkamera habe eine Wärmequelle angezeigt. Am Ende sei aber ein Verstorbener geborgen worden. Die Geräte zeigten nach dem Tod eines Menschen noch einige Zeit die Restwärme an, erklärt er.

Ehrenamtliche Arbeit mit Übersetzer

Für die Verwandten geht es vor allem um Trauer und einen Abschluss. „Tote haben Angehörige und die Angehörigen wollen trauern“, sagt der erfahrene Bestatter. Das ehrenamtlich arbeitende Team hat einen Übersetzer dabei. Alle sind in Trauerbegleitung geschult.

Kahramanmaraş lag nah am Epizentrum des Bebens. Mehr als 22.000 Gebäude sind nach Angaben des Städteministeriums allein hier eingestürzt oder schwer beschädigt worden. Die Stadt hat sich geleert, etliche Menschen sind in Notunterkünften untergebracht. Die, die hier noch vor den Trümmerhaufen sitzen, wollen Angehörige mitnehmen und begraben. Ihre Augen sind gerötet, die Blicke leer.

Dankbar sind sie den Helfern, das wird immer wieder sichtbar. Ein Mann bietet dem Team aus Deutschland süße Datteln an. Ein anderer dreht sich um und bedankt sich auf Deutsch. Die Menschlichkeit unter den Leuten und die Dankbarkeit, das habe ihn berührt, so Stawinski. Man könne vielleicht keine Überlebenden mehr retten, aber die Angehörigen „einfach mal in den Arm nehmen oder drücken, um zu zeigen, dass man bei ihnen ist“.

dpa/dtj

Continue Reading