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Kolumnen

Die Person ist weg, sein Anliegen bleibt

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Nun ist er also weg. Seit heute hat Deutschland keinen Staatspräsidenten mehr namens Christian Wulff. Haben wir jetzt also ein weniger korruptes, mehr rechtschaffenes Deutschland?

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Hat sich das Gewissen und Moral durchgesetzt, in den letzten Wochen und Monaten vor allem vertreten durch die Bild-Zeitung? Darüber mag sich jeder sein eigenes Urteil bilden.

Was man mit Sicherheit eins sagen kann, ist dies: Christian Wulff ist sich treu geblieben. Er hatte mit seiner Rede am 3. Oktober 2010 zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit eine grosse Debatte ausgelöst im Land mit dem Satz, “Der Islam gehört zu Deutschland.” Die Zusammengehörigkeit in Deutschland, das Einbeziehen auch der gesellschaftlichen Minderheitengruppen wie die der muslimischen Migranten wurde sozusagen zum Leitbegriff seiner Amtszeit.

Dass er davon nicht abgerückt ist, hat er auch am letzten Tag in seinem Amt gezeigt. Er ging nämlich in der kurzen Rücktrittserklärung wieder auf das Thema ein, indem er sagte: “Es war mir ein Herzensanliegen, den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu stärken. Alle sollen sich zugehörig fühlen, die hier bei uns leben, eine Ausbildung machen, studieren und arbeiten – ganz gleich, welche Wurzeln sie haben. Wir gestalten unsere Zukunft gemeinsam.”

Und weiter: “Ich bin davon überzeugt, dass Deutschland seine wirtschaftliche und gesellschaftliche Kraft am besten entfalten und einen guten Beitrag zur europäischen Einigung leisten kann, wenn die Integration auch nach innen gelingt.” Dieses Herzensanliegen von Wulff bezeichnen manche auch auch als die Dritte Einigung Deutschlands, in Anlehnung an den Ersten von 1871 durch Bismarck und dem Zweiten im Jahr 1990 durch Helmut Kohl.

Nun besetzt also die Person Christian Wulff nicht mehr das höchste Amt im Staate. Ist damit auch sein Anliegen zu Ende? Nicht unbedigt. Dass der Staatspräsident Wulff ein heisses Eisen angefasst hat, ist klar. Der Islam ist in Deutschland, wie im übrigen Europa, ein heikles Thema. Schaut man sich die Anzahl und die Leserkommentare zu Meldungen in deutschen Zeitungen, dann kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass ein beträchtlicher Teil der hiesigen Bevölkerung seine Identität und seine Weltanschauung über die Negation der Muslime aufbaut.

Es ist ja auch verständlich. Worauf soll man sich denn in unserer heutigen pluralen Gesellschaft einigen, wo praktisch alles da und erlaubt ist? Dass dann in so einer Atmosphäre ein Satz wie, “Der Islam gehört zu Deutschland” so manche Weltanschauung zum Wanken bringt und absolut bekämpfenswert erscheint, liegt auf der Hand. Nichtsdestotrotz büßt das Anliegen Wulffs nichts an seiner Legitimation. Was wäre denn sonst die Alternative? Insofern könnte man durchaus sagen: Christian Wulff mag weg sein, sein Anliegen bleibt.